Mittwoch, 28. Dezember 2011

Facebook, Ilse Aigner und ein vielsagendes Verständnis von Medienkompetenz

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner kritisiert im Handelsblatt mal wieder Facebook. Das an sich ist jetzt weder neu noch überraschend, sondern war mit Blick auf den Kalender wohl einfach wieder dran. Interessant ist aber die Einstellung, die bei der Kritik deutlich hervortritt.

Diesmal ist Facebooks neues Profil-Angebot Timeline Gegenstand der Schelte, also die neue Profilvariante, die als Chronik das Userleben abbildet. Absurd sei das Angebot, das ganze Leben als Timeline zu veröffentlichen, sagt Ministerin Aigner da.

Und spricht dann dem Handelsblatt folgendes in den Block:
"Die Aufforderung, die letzten Datenlücken im Internet schnell zu schließen, ist genau das Gegenteil dessen, was wir unter Medienkompetenz verstehen: Sparsam mit seinen persönlichen Daten umzugehen."
(In anderen Bereichen ist deutschen Politikern am Schließen der Datenlücken jedoch äußerst gelegen, etwa wenn es um die Vorratsdatenspeicherung geht. Aber geschenkt.)

Unsere Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (nach wie vor eine sehr eingängige Kombination, nicht wahr?) versteht unter Medienkompetenz also den sparsamen Umgang mit persönlichen Daten. Passt zu ihren Äußerungen, aber nicht wirklich zu dem Begriff.

Anders formuliert:



Denn Medienkompetenz heißt für mich der kompetente - sprich: fähige und befähigte - Umgang mit Medien. Duden und Wikipedia geben mir da Recht.
Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen.

Das lässt sich so gar nicht mit "nutze das Teufelszeug möglichst wenig" übersetzen, sondern zielt auf eine bewusste Nutzung. Natürlich ist der sorgsame, bewusste Umgang mit eigenen Daten wichtig - dabei kann der User aber auch zu dem Ergebnis kommen, dass er bestimmte Informationen eben teilen und mitteilen will. Ein absolutes "Geht gar nicht" anstelle eines bewussten Auseinandersetzens und einer ebensolchen Entscheidung hat jetzt nicht unbedingt viel mit Kompetenz zu tun. Es erinnert eher an "German Angst" und eine strikte Verweigerungshaltung. Das bringt uns jetzt nicht wirklich weiter.

Ähnlich gelungen finde ich ja die erste Wortwahl. Man kann über die Timeline sicherlich einiges sagen, dass sie "absurd" sei, also sinnlos oder widersinnig, liegt jetzt aber nicht gerade nahe. Der Sinn dahinter lässt sich sowohl aus Unternehmens- wie Nutzerperspektive erläutern, bei Bedarf auch mit negativer Tonalität. Das (Mit-)Teilen von Informationen in einem Sozialen Netzwerk aber grundsätzlich widersinnig zu nennen, sagt mehr über die eigene Perspektive als das neue Angebot aus.

Dazu sei erwähnt: Zumindest bislang setze ich die Timeline nicht ein - man könnte sagen, weil sie meinen Zielen und Bedürfnissen nicht signifikant entgegenkommt. So kann ich mir etwa im allgemeinen halbwegs merken, wann ich geboren bin, und habe kein gesteigertes Interesse daran, nachzuvollziehen, was ich am 21. März 2009 gemacht habe. Gleichfalls interessiert mich bei meinen Facebook-Freunden nicht, wann sie sprechen und laufen gelernt haben. Was aber nicht grundsätzlich bedeutet, dass die Timeline sinnlos wäre oder nicht bestimmen Zwecken diente.
Das interessante an Timeline ist der Zusammenhang mit dem Open Graph, aber noch passiert da in Deutschland nicht die Welt. In dem Kontext (oder wenn ich Lust habe, mich mit der Umstellung rumzuschlagen) könnte sich dann auch meine Haltung ändern.

(Unabhängig davon wäre es, falls man Jeff Jarvis irritieren will, lustig, via Mobile-Check-in jeweils den Saunabesuch auf Facebook zu verkünden.)

Aigners letzter Punkt, besserer Datenschutz auf europäischer Ebene, ist dagegen gar nicht verkehrt. In dem Sinn, dass hier einiges an Klärungsbedarf existiert. Nur würde das in ihrer Auseinandersetzung mit Facebook erst mal keinen Unterschied machen - Facebook bezieht sich ja meist nicht auf amerikanisches, sondern auf irisches Datenschutzrecht. Vor einem für den Binnenmarkt geltenden europäischen Datenschutzrecht steht ohnehin einiges an Gesprächs- und Harmonisierungsbedarf. Und wieweit dass ihr Job ist und nicht der von Brüssel, Innenminister Friedrich sowie den diversen deutschen Datenschützern, steht dann auch noch im Raum. Gleichwohl: Ja, an dem Thema muss grundlegend gearbeitet werden. Aber bitte mit einem Leitbild von Medienkompetenz, das mehr mit, wie soll ich sagen, Kompetenz zu tun hat.

Freitag, 16. Dezember 2011

Na dann - ein Angry-Birdiges Weihnachten euch allen!

Nachdem wir uns auf der Zielgeraden zu den Feiertagen befinden, sind weihnachtliche Grüße durchaus angemessen.
Um das Ganze Von-Nullen-und-Einsig zu halten:

Der Angry-Birds-Themesong als Weihnachtsbeleuchtungs-Visualisierung:



Warum das passt: Angry Birds ist nicht nur eines der bekanntesten und erfolgreichsten Mobile Games, das es auch in saisonalen Editionen gibt. Den Federviechern dürfte es zudem gar nicht schmecken, das zum Fest anderes Geflügel in den Ofen wandert. Wohl bekomm's.

Wer es klassischer mag, bitte sehr:

Wizards in Winter from John Storms on Vimeo.

Wizards in Winter, Trans-Siberian Orchestra.

Schon sehenswert, was ListentoourLights.com da auf die Beine stellt.

In diesem Sinne, erholsame Feiertage!

Dienstag, 13. Dezember 2011

iTunes Rewind 2011: Ein paar Erkenntnisse aus dem Apple Ranking

Apples iTunes-Jahresrückblick hat nicht nur einige Anwendungen zu den Apps des Jahres gekürt. Rewind 2011 erlaubt jenseits dessen auch ein paar interessante Einblicke in die App-Nutzung in Deutschland. In Hinblick darauf, welche Art App auf welchem Gerät funktioniert, wie gut Medien-Apps laufen und wieso die Verlage bei der Tagesschau-App rot sehen. Der Blick in die Rankings nach meistgekauft, meistgeladen und am umsatzstärksten lohnt sich durchaus.

Wenig überraschend wirkt, dass die Top-Seller auf dem iPhone von Spielen dominiert werden. Spitzenreiter ist aber die Messaging-App WhatsApp Messenger – was sehr schön verdeutlicht, wieso die an SMS verdienenden Carrier Kopfschmerzen von dem Thema Smartphone-Messaging bekommen. Mit Ausnahme einer Navigations-App besteht der Rest der Top Ten aus Games.

Bei den iPad-Apps dagegen zeigt sich, dass das Tablet stärker auch für produktive Zwecke genutzt wird: Hinter GarageBand folgen das Textverarbeitungsprogramm Pages, der Dokumentenviewer GoodReader und – hinter dem Spiel Die Siedler – die Programme Numbers und Keynote. Dahinter aber auch hier: Spiele.

Umsatz ist keine Spielerei
Dass Games das stärkste Segment bilden, ist nun nichts Neues. Das gilt aber nicht durchgängig, wenn es um die damit erzielte Umsatzhöhe geht. Die ersten drei Plätze im Ranking der iPhone-Apps nach Umsatz holen sich Navis (Navigon Europe, dann Navigon select) und Axel Springers Bild-App. Erst dann kommen Spiele – und weitere Navis. Neben der Tatsache, dass mit dem iPhone navigieren ein durchaus patentes Szenario darstellt, erklärt sich deren hohe Platzierung auch durch die deutlich gesalzeneren Preise – da kommt auch mit weniger Downloads mehr Geld zusammen als bei Spielen für 5,49 und Zusatzinhalten für Beträge im Eurobereich.

Umsatzbringer iPad
Mit Blick auf das iPad-Ranking lässt sich sagen, dass sich Springer in Sachen Mobile-Strategie wohl auf die Schulter klopfen kann. Platz 1 nach Umsatz Bild, Platz 2 Welt. Dahinter folgt Navigon, dann Der Spiegel. So viel zum Thema "mit Medieninhalten lässt sich auf Tablets kein Geld verdienen". Sogar iKiosk schafft es mit Rang 5 in die Top Ten. Bei dem Pdf-Kiosk dürfte allerdings die Zahl der eingestellten Titel das jeweils erzielbare Ergebnis deutlich relativieren. Trotzdem ist Rang 5 deutlich höher, als ich erwartet hätte. (Zu iKiosk bei anderer Gelegenheit mehr.) Natürlich ist bei via Abo finanzierten Apps zu berücksichtigen, dass die Lebenszeit und dadurch das, was sich mit dem einzelnen Nutzer an Umsatz erzielen lässt, höher ausfällt als bei Games. Nichtsdestotrotz: Als der so heiß geliebte Proof of Concept lässt sich das schon sehen.

Und auch das Ranking der Gratis-Apps zeigt, dass Medieninhalte funktionieren können. So glücklich werden Verlage hier allerdings nicht schauen, sondern eher wieder über die Apps der Öffentlich-Rechtlichen klagen aufgrund einer Tagesschau-App auf Rang 3 des iPhone- und Rang 6 des iPad-Rankings.
Was daraus bleibt: Medieninhalte können auf iPhone und iPad durchaus funktionieren. Auch wenn ich die Meinung der Apple-Redaktion nachvollziehen kann, die als interessanteste iPad-Apps im Nachrichtensegment Zite, Instapaper und Flipboard ausgewählt hat. Die restlichen App-Empfehlungen sollte man im übrigen durchaus querlesen: Da sind einige interessante Dinge dabei.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Facebooks Open Graph und die Medien: Hey, mein Kumpel hat gelesen, dass...

Nach einiger Wartezeit geht Facebooks Timeline-Rollout jetzt tatsächlich mal los: Die neue Profilseite, die das Leben als Chronik quasi von der Wiege bis zur Bahre darstellen kann, startet erstmal nur in Neuseeland - quasi der isolierte Insel-Testmarkt.
Heißt auch: Der Schraub- und Justierbedarf am System wie auch in Sachen Social Engineering (wie kriege ich meine Nutzer dazu, es zu verwenden und nicht durchzudrehen) ist wohl größer als im September gedacht.

Medienangebote schielen in die Richtung der Timeline, weil sie mit dem veränderten Open Graph zusammenhängt. Genauer gesagt mit der Möglichkeit, über Facebook-Apps die Freunde der eigenen Nutzer wissen zu lassen, was diese gerade lesen oder ansehen.

Was das bringen soll? Naja: Wie wäre es mit einer Million Page Impressions pro Tag? Die verzeichnet nämlich der Guardian über seine App, wie Facebook fröhlich verkündet.

Vier Millionen Nutzer haben die App installiert - die Hälfte davon unter 24 Jahren. Was ein Hinweis, aber keine harte Zahl dazu ist, wieviele dieser Nutzer tatsächlich neu zum Guardian gestoßen sind und wie viele nur ihre Nutzung erhöht oder verlagert haben. Trotzdem: Beeindruckende Zahl. Und eine, die konkrete Leistungswerte bietet, auch wenn es um das Thema Monetarisierung geht.

Wie auch die 3,5 Millionen monatlicher User der Washington Post oder die Million des Independent. Yahoo spricht von einer Traffic-Erhöhung via Facebook um 600 Prozent durch die zehn Millionen, die die App verwenden. Nebenbei bemerkt: In der Reihe prominenter Startpartner, die jetzt positive Zahlen vermelden, fehlt News Corps. The Daily. Nur mal so in den Raum gestellt.

Das heißt: Apps, um den Nutzern via frictionless sharing noch direkter nicht nur Zugang zu eigenen Inhalten zu bieten, sondern das auch noch deren Freunden auf die Nase zu binden, können für einen weiteren Traffic-Schub sorgen. Schon jetzt sind Social Networks für 28% eine Nachrichtenquelle - selbst im datenschutzsensitiven Deutschland. Dass der Social Graph (das eigene Netzwerk aus Freunden und Bekannten) einen relevanten Zugangskanal zu Informationen darstellt, dürften die meisten auch aus eigener Erfahrung kennen. Ein neues Phänomen ist es ohnehin nicht. Sondern nur die Verlagerung dessen, was früher als Gespräch in der Teeküche oder dem Schulhof galt.

Der Donnerstag vorgestellte Subscribe Button für externe Websites geht im übrigen in die gleiche Richtung, auch wenn er erst mal nur die jeweiligen Abonnenten bespielt und nicht deren Freunde.

Wird das ganze bruchlos - was nichts anderes heißt, als dass es keine explizite Aktion des Nutzers braucht, sondern sein Verhalten automatisch mitgeteilt wird - kann das für einen Schub sorgen. Es muss nicht, weil es auch zu einer Überflutung mit Informationen führen kann. Denn Stand jetzt profitieren die Anbieter mit den positiven Zahlen von einer überschaubaren Zahl an Wettbewerbern. Und natürlich müssen die Nutzer die Funktion annehmen und aktivieren. Was in Teilen der Grund für den langsamen Rollout sein dürfte. Aber es kann die Bedeutung von Facebook als Traffictreiber weiter erhöhen. Und das ist, gerade wenn man sich die Verschiebungen bei den Zugangswegen zu Informationen im Netz ansieht, durchaus ein Thema, das man im Auge behalten sollte.

Montag, 5. Dezember 2011

Scott Stratten und das Problem mit den QR Codes

Hach, was für eine Ansprache:
"Every time you use a QR code and don't think it through, a kitten dies."

Scott Stratten referiert über das Problem mit den QR Codes und hämmert jeden einzelnen Nagel richtig schön rein.

(QR Codes, das sind diese seltsamen viereckigen Code-Markierungen zum Einscannen mit dem Handy, die dann auf eine Website führen. Aktuell werden sie wieder beliebter, auch weil der ein oder andere es fertig bringt, sie als Augmented Reality zu verkaufen.)

Eine der typischen sinnfreien Aktionen mit QR Codes habe ich schon im Post über WTF Mobile Web angesprochen: Leute, die einen via QR Code zu einer nicht im geringsten auf Mobilgeräte ausgerichteten Seite schicken. Mehr im Clip:



Wunderschöne Beispiele, die alle aus der Praxis stammen. Die Nummer mit QR-Code via Mail versenden habe ich durchaus schon erlebt. Sinnlose Plakatplatzierungen auch. Auf einer Website sind sie mir noch nicht begegnet, aber mein Blutdruck kann ja auch mal Glück haben.

Der Punkt ist: Hirn einschalten, dann handeln. Sonst habe ich ein nett aussehendes Gimmick, das völlig sinnfrei ist. Und das ist bei QR Codes hierzulande leider eher die Regel als die Ausnahme.

Ich persönlich bin der Meinung, dass man diesen Clip jedem, der oben genannten Blödsinn veranstaltet, ganz im Stil von Clockwork Orange so lange eintrichtert, bis er es begriffen hat.

Dienstag, 29. November 2011

Nokia Lumia 800: Wenn aus prognostizierten 2 Millionen verkauften Stück 400.000 werden

Neuestes Spiel der Analysten im Mobilfunkbereich scheint das Runterstufen von Prognosen zu sein. Vielleicht wollen sie ihren Kollegen in den Rating-Agenturen den Spaß ja nicht allein lassen.

Jedenfalls wurden - wie sich etwa beim Guardian nachlesen lässt - inzwischen aus den mal von Unternehmen wie Pacific Crest fürs Weihnachtsgeschäft prognostizierten 2 Millionen verkauften Exemplaren von Nokias neuem Smartphone Lumia 800 weniger als 400.000.

Aua.

Das ist vermutlich für Analysten weitaus peinlicher als für Nokia und Microsoft (das Lumia ist das erste Nokia-Phone mit Windows Phone 7). Dennoch sind diese Zahlen - so sie zutreffend sind - vom großen Wurf und dem Befreiungsschlag weit entfernt. Was mich jetzt nicht überrascht, meine Meinung zu dem Thema habe ich hier schon im Post Microsoft, Nokia und das hoffnungslose Erfolgsprodukt Windows Phone 7 zum Besten gegeben. Das Lumia 800 kann und wird den Smartphone-Markt nicht aufrollen.

Natürlich muss der Verkauf des Lumia erst noch anlaufen und die Kinderkrankheiten beseitigt werden. Und Marktanteile entstehen nicht über Nacht. Im Weihnachtsgeschäft hier aber entsprechend wenig punkten zu können, muss so und anders wehtun. Immerhin 16 Prozent der Deutschen haben laut Bitkom fürs Fest Smartphones oder Handys auf der Geschenkeliste. Von denen wird keiner sein neues Gerät angewidert in sechs Monaten wegschmeißen und freudejauchzend ein Lumia erstehen.

Und mit Blick auf die Marktanteilsentwicklung von Nokia ist es geradezu putzig, trotzig zu verkünden, dass sich das Lumia in Großbritannien in der ersten Woche besser verkauft habe als alle anderen Nokia-Smartphones in der jüngeren Vergangenheit.

Das kann ja schließlich nicht weiter schwer sein.

Sonntag, 27. November 2011

Augmented Reality über Kontaktlinsen - Das Netz auf der Netzhaut

Ein Team amerikanischer Wissenschaftler lässt Kaninchen "Ich sehe was, was du nicht siehst" spielen. Genauer: Sie haben an ihnen eine Kontaktlinse für Augmented Reality getestet. Also eine Linse, die zusätzliche digitale Elemente ins Sichtfeld einblenden kann.

Zugegebenermaßen eine, die bislang einen ganzen Pixel zustande bringt. Und noch ist auch nicht praktisch geklärt, wie aus den Pixeln ein tatsächlich fokussierbares Bild entstehen soll. Trotzdem ist es ein erster Mosaikstein für die Szenarien, die Wissenschaftler wie Michio Kaku entwerfen: Das Netz auf der Netzhaut, die komplette, bruchlose Verdrahtung mit dem Web via Augmented Reality als Teil unseres Alltags. Direkt ins Sichtfeld schwimmende Google-Suchergebnisse zu meiner Umgebung durch ein Zwinkern.

Wie das aussehen könnte, hat er The Daily erzählt:


Das mit der Kontaktlinse hat The Daily auch vertextet: Hier.

Man sollte dazu wissen, dass sich Kaku auf einen Zeitraum innerhalb der nächsten 20 Jahre bezieht. Und dabei so weit extrapoliert, dass er eigentlich auch sagen könnte, mit einem Augenverdrehen lassen sich dann auch Zusatzinformationen zu den an mir vorbeifliegenden Schweinen abrufen.

Interessant ist das Thema und der Kontaktlinsentest trotzdem, als Schritt hin zu Szenarien, wie sie etwa die Science-Fiction-Autoren Warren Ellis in Doktor Sleepless nebenbei oder Charles Stross als wesentlichen Teil in Halting State und Rule 34 verwenden. Wer Stross nicht aufgrund seiner Bücher kennt, dem ist er in der letzten Zeit unter Umständen durch seine Sezierung von Klout begegnet.

In der Welt von Halting State und Rule 34 jedenfalls sind Displaybrillen, über die jeder ständig in verschiedenen Layern via Augmented Reality Zusatzinformationen zur Welt um ihn herum bekommt, völlig normal. Da dient dann auch mal der Coffeeshop als Büro, weil der digitale Papierkram genausogut von da erledigt werden kann, Polizisten sehen neben jedem Klingelschild die Akte der betreffenden Person und Smartphones haben verschiedene Personas für den beruflichen oder dienstlichen Gebrauch. Die erweiterte Realität wird so im Wortsinn Teil der Wirklichkeit, des Normalen.

Halting State ist auch ansonsten lesenswert, aber gerade das Szenario finde ich interessant - und wie darin dargestellt wird, welche Auswirkungen diese Technik auf Alltag und Gesellschaft haben würde. Für mich eine durchaus faszinierende Frage. Unabhängig davon, inwieweit man glaubt, dass es so kommen wird oder was man davon hielte.

Vor einigen Jahren hat auch kaum einer ernsthaft geglaubt, dass wir alle mit Smartphones rumrennen werden und jederzeit über ein Gerät in der Hosentasche mit dem Internet verbunden sind. Wir sind noch mittendrin, die Auswirkungen dessen zu erkunden - auch, weil dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist.

Wobei Displaybrillen mir zum einen naheliegender erscheinen und zum anderen auch lieber wären als Kontaktlinsen.

Vielleicht sehen Kaninchen das aber anders.

Mittwoch, 23. November 2011

Zwergenaufstand? 2011 laut Studie ganze 1,2 Mio Nicht-Apple-Tablets in den USA verkauft

Bei allem Gerede über die Konkurrenz für Apples iPad durch den Wildwuchs an Android-Tablets und anderen Spielarten müssen diese Zahlen niederschmetternd sein: Einer Studie der NPD Group zufolge (keine Marschierer, sondern Marktforscher. Ruhig bleiben.) wurden in den USA von Januar bis Oktober ganze 1,2 Millionen Tablets verkauft, die kein Apple-OS hatten. Also Android, webOS und Konsorten.

Kleine Vergleichszahl: Apple hat im Septemberquartal weltweit 11 Millionen iPads verkauft. Als das iPad 1 startete, gingen binnen 80 Tagen 3 Millionen Stück weg.

Anders gesagt: 1,2 Millionen für die versammelte Konkurrenz ist nicht gerade beeindruckend.

Noch spannender wird der Blick darauf, wer hier am meisten verkauft: NPD zufolge ist es HP. Mit 17% Anteil liegt also das TouchPad durch rund 204.000 verkaufte Exemplare knapp vor Samsung mit 16% respektive 192.000 Stück.

Zum Mitschreiben: Das eigentlich eingestellte und dann billig verramschte TouchPad wäre damit in den USA das erfolgreichste Tablet nach dem iPad. (Liebe Hersteller, zum x-ten Mal: iPad am Preispunkt angreifen. Danke.)

Der Rest der Top 5 verkauft dann gerade noch sechsstellige Stückzahlen (Asus auf Platz 3 mit 120.000, bei Motorola und Acer bleiben je rund 108.000 hängen).

Licht am Ende des Tunnels sieht NPDs Vice President of Industrial Analysis Stephen Baker zum einen durch den deutlichen Wachstumstrend in den Verkaufszahlen, zum anderen in der Tatsache, dass drei Viertel der Nicht-iPad-Käufer auch nie über das iPad nachgedacht haben.

Das kann man zwar so sehen, dass es ein Marktpotenzial von Kunden gibt, die dezidiert etwas anderes als ein Apple-Produkt wollen (was sicher richtig ist). Andererseits heißt das aber auch, dass Cupertino streng genommen nicht mal 300.000 Kunden abgejagt wurden. Wer überhaupt kein iPad will, hätte keins gekauft und stellt damit auch keinen verlorenen Kunden dar. Im Gegenteil: Der Großteil der Android-Tablet-Käufer tritt nur wegen dieser Alternativen in den Markt ein.

Das wiederum hieße, dass sich die Tablets mit Android & Co. hauptsächlich gegenseitig Konkurrenz machen und Amazons Kindle Fire sich mit Blick auf die Vorbestellungen locker an die Spitze des Rankings nach Verkaufszahlen setzen dürfte. Dazu, dass meiner Meinung nach der Fire ohnehin eher Konkurrenz für andere Android-Tablets als das iPad darstellt, habe ich mich schon einmal hier ausgelassen.

Nun sind die Zahlen fürs erste mit gewisser Vorsicht zu genießen. Zum einen fehlen offenbar Geräte wie das Nook, zum anderen würde diese Zahl verglichen mit den von Google genannten 6 Millionen Android-Tablets weltweit heißen, dass außerhalb der USA doppelt so viele Android-Tablets verkauft werden müssten wie innerhalb. Sobald ich näheren Einblick in Datengrundlage und Methodologie genommen habe, werde ich mich dazu noch mal äußern.

Eine andere spannende Erkenntnis aus der Studie bleibt aber bestehen: Apple ausgenommen sorgten Tablet-Verkäufe für 415 Millionen Dollar Umsatz in den USA. Insgesamt verzeichnen die Marktforscher für das Nicht-iPad-Segment 700 Millionen. Ein Drittel des Umsatzes entfällt auf das Accessoire-Geschäft - Taschen, Hüllen, Bildschirmfolien und so weiter. Das ist also ein durchaus lohnendes Business.

Montag, 21. November 2011

Mobile Web: Wie man es nicht machen sollte

Eine Situation, die die meisten Smartphone-Nutzer gut kennen: Der Klick auf einen Link oder das Eintippen einer Adresse führt sie nicht dahin, wo sie hin wollen, sondern voll in den Wald aus Landing Pages, App-Werbung und brachliegendem Flash-Weißraum.

Mit WTF Mobile Web gibt es jetzt einen eigenen Tumblr-Blog, um solche Ausrutscher zu dokumentieren. Eine Galerie der Browser-Schrecken. Das Material wird ihnen nicht so schnell ausgehen. Denn immer noch lenkt der Klick auf Links bei Facebook, Twitter & Co. gerne nicht auf den eigentlichen Inhalt, sondern die Mobile Landing Page oder die Info-Seite zur App. Warum auch das mobile Szenario dafür nutzen, dass der Mobiler gleich beim Artikel, dem Produkt oder der sonstigen Information landet, wenn man ihn stattdessen auf große Erkundungstour der eigenen Site schicken kann.

Sollte es nicht an der Umleitung scheitern, gibt es immer noch die Möglichkeit, bei der Gestaltung der Mobile-Startseite die Balance zwischen Content-Menge und Übersichtlichkeit so zu gestalten, dass auf einer Seite der Wippe ein Elefant sitzt. Also entweder alles zuzupflastern oder außer dem schlanken Login-Fenster rein gar nichts anzubieten.

Auch großes Kino: Unternehmen verweisen für Mobilzugriffe auf Seiten, die Null, aber wirklich Null mobiloptimiert sind. Stattdessen vollgestopft mit Navigationselementen, kaum brauchbar auf kleinen Displays in lesbare Größe skalierbar und am besten noch mit Flash.
Flash hat auf einer Mobile Site nur dann was zu suchen, wenn man iOS-Nutzer explizit von ihr fernhalten will.

Zu guter Letzt besonders lustig sind dann die Experten, die einen via QR-Code oder anderen Marker auf ihre normale, nicht wirklich mobile-geeignete Website schicken und sich wundern, warum die Maßnahme nichts bringt.

Donnerstag, 17. November 2011

40 Jahre später: Fear and Self-Loathing in Las Vegas

40 Jahre nach Hunter S. Thompsons Fear and Loathing in Las Vegas hat Zach Baron sich in Thompsons Fußstapfen begeben und ist nach Vegas geflogen. Heraus kam eine Spurensuche nach und Reflektion über Thompson, das neue Las Vegas als Glitzerspiegel unserer Zeit und die Realität des American Dream.

"Fear and Self-loathing in Las Vegas" ist das bislang beste Stück, das ich bei The Daily gesehen habe. Mit deutlichem Abstand.

Allein die Schreibe ist großartig und eine gelungene Hommage.

"Writers only go to Las Vegas for one reason, really. It is our World Series of Poker, except more pretentious."

"Pitching stories on the American Dream is what writers do when their hearts are empty, their minds blank. It is the equivalent of stalling for more time, throwing a Hail Mary down eight with time expiring, a way to mark your commitment and plucky optimism before admitting defeat and moving on to something with an actual chance of success."

Fear and Self-Loathing in Las Vegas


Die Art, wie er die Stationen des Buchs in der Gegenwart widerzuspiegeln versucht - Autorennen für Autorennen, Casino für Casino, Hacker-Konferenz für Anwaltstreffen - ist wirklich unterhaltsam.

Und die Reflektion über Thompson, den Entstehungsprozess des Buches Fear and Loathing und die Frage, ob das abgewrackte Vegas die amerikanische Realität statt des amerikanischen Traums verkörpert, machen den Text allesamt lesenswert.

(Was das mit Nullen und Einsen zu tun hat? Äh, hm, es... ist die Reflektion eines Online-Mediums über einen popkulturell wichtigen Text und steht online? Ach, lasst mich doch in Ruhe. Bei dem Thompson-Archiv auf Playboy.com hat mich das schließlich auch nicht gestört.)

Montag, 14. November 2011

Catvertising oder Katzen-Content galore

Mir ist aufgefallen, dass dieser Blog bislang kriminell unterversorgt ist mit Katzen-Content.

Daher: Catvertising - der neue Werbetrend!
Wieso komplexe Werbeformate entwickeln, wenn es doch Katzen-Clips gibt.

"No one wants to see ads anymore. They want cat videos."



Grandios gemachte Satire.

Die neben der üblichen Trend-Hinterherhechelei auch wunderschön die Faszination mit Katzen-Content aufspießt. Denn wir wissen ja: Das Internet ist eine hochentwickelte Technologie zum Austausch von Katzenbildern und -Clips.

Man denke nur an den Erfolg von I Can Haz Cheezburger oder auch Sascha Lobos Analyse, welche Art von Content die Startphase von Google+ dominiert hat. Und als Mem taugt Katzen-Content eh.

Insofern ein absolut Nullen-und-Einsiges Thema - und ideale Gelegenheit, hier den bislang fehlenden Katzen-Content nachzuliefern.

Wo die Realität den Witz einholt:

Die Agentur John St. ist im Übrigen echt, die im Video mitspielenden Leute auch. Warum die das machen? Erstens gehören schräge Ideen in einer Werbeagentur dazu. (Ihre Whisky-Werbespots etwa sind auch gemein lustig.)

Zweitens: Der Clip hat sechsstellige Abrufe auf YouTube - Ihr Projekt-Reel und alles andere im eigenen Agentur-Account bringt es nur auf vierstellige Werte. Und spätestens jetzt wisst auch ihr, dass es John St. gibt. Als Werbung oder Marketing in eigener Sache also eine erfolgreiche Aktion.

Das wiederum läge voll auf der Linie des Videos, was die Effektivität von Katzen-Content gegenüber anderer Werbung angeht.

Mittwoch, 9. November 2011

Content teilen Mittwochs um halb zehn

Zum fünfjährigen Bestehen hat der Content-Sharing-Service AddThis mal eine Infografik übers Teilen gebaut.

- Bester Tag zum Seeden ist demnach der Mittwoch,
- Beste Uhrzeit (in den USA zumindest) 9.30.
- Und via Copy & Paste wird immer noch bis zu zehn Mal mehr geteilt als über die Armee von Buttons, die es inzwischen gibt.

AddThis 5 Year [Infographic]

(In voller Schönheit hier.)

(Via Searchengineland.com)

Montag, 7. November 2011

Livestand & Co: Inhaltekiosk statt Zeitschriftenregal

Eins zeigt Yahoos Präsentation ihres Digital-Magazins Livestand schon mal deutlich: Das mit dem Medienhaus meinen sie ernst. Und: Das Segment um Flipboard und Co. wird spannender. Was ich gut finde, denn das Konzept dahinter hat durchaus Potenzial.

Livestand reiht sich ein in die Galerie von Aggregator-Apps, die aus Inhalten verschiedener Quellen auf die jeweiligen Nutzer zuschneidbare digitale Magazine / Zeitungen bauen.
Neben Flipboard besetzen dieses Segment Angebote wie Zite, Pulse oder AOL Editions – die letzten beiden gibt’s für deutsche User nicht. Livestand auch noch nicht, aber das kommt 2012.


(Bild: Business Wire)

Nach den ersten Eindrücken zu schließen (testen ließ es sich ja noch nicht), macht die Jodel-Truppe dabei einiges richtig. Etwa, den Hebel der eigenen Inhalte-Partner einsetzen – ABC und Forbes klingt schon mal nicht verkehrt – und vor allem, ein potenzielles Geschäftsmodell unterziehen.

Mit den Rich-Media-Werbeformaten und den "interaktiven Ads", die auf User-Engagement setzen, gibt es nämlich gleich von vornherein Möglichkeiten, mit dem Ding auch Geld zu verdienen – etwas, an das sich beispielsweise Flipboard gerade erst herantastet. Dem Nutzer ist das natürlich schnurz, aber für die Inhalteanbieter, die Publisher, ist es wichtig - und damit für die Sicherung des inhaltlichen Angebots. Vermarktungserfahrung hat Yahoo ja. Und über verschiedene Inhaltekategorien und Titel hinweg lassen sich natürlich hübsche Targeting-Profile aufbauen.

Den Bildern nach stimmt auch die Optik – Livestand kommt magazinig daher, ansprechend, nicht als Bleiwüste.

Das Konzept der individuellen Magazine an sich hat durchaus Charme, insbesondere für News-Junkies und andere Infovoren. (Jeder aus meinem Branchenfeld kann hier mal kurz winken. Ja, das sind wir.)

Anstelle des RSS-Readers oder auch seiner etwas dekorativeren Vettern wie Google Reader (alte Edition) oder Feedly kommt das ganze entspannt-magazinig daher – die iPad-Zeitschrift für den Couchtisch. Und die Couch ist ja eh ein wichtiges Nutzungsszenario für Tablets. Bequem durch eine Auswahl von Info-Quellen blättern, die sich noch dazu auf die eigenen Interessen anpassen lässt und durch zunehmende Verwendung besser ausgesteuert wird, das hat schon seinen Witz. Und ist bequemer, als sich am Rechner durch die eigenen Bookmarks und Favoriten zu fräsen. Als Nutzer ist ein iPad-Aggregatormagazin angenehm unkompliziert. Mit einer guten Aussteuerung dahinter sollte sich zudem der Anteil der Inhalte, die man auch wirklich lesen will, erhöhen. Aus dem Profil und dem Leseverhalten lassen sich ja schließlich Rückschlüsse ziehen. Innerhalb eines thematischen Segments fällt dann auch der Weg zu neuen Quellen deutlich kürzer aus. Er führt den Leser über Themen und Inhalte, nicht über Marken, mit denen er sich noch nicht beschäftigt hat.

Ein paar Haken hat es natürlich auch:
Zum einen muss eine entsprechende Auswahl an Publisher-Inhalten verfügbar sein. Das hängt wiederum schwer damit zusammen, was man diesen anbieten kann. Flipboard, bei dem (bis auf Querschnitts-Topics) jede Marke ihren eigenen Bereich mit ihren eigenen Inhalten enthält, in denen sie auch Unterbrecher-Anzeigen platzieren können, geht einen markenfokussierten Weg - auch wenn die Auswahl an Inhalten und Partnern spannender sein könnte. Zite hingegen, das in eigenen einstellbaren Themenrubriken alle auf einmal bündelt, hat nicht zu knapp Post von Medienhausanwälten erhalten. Marken wollen sich ja selbst verlängern und nicht im Wust untergehen. (Für Leser ist die so entstehende inhaltegetriebene Auswahl aber durchaus reizvoll.) Da Yahoo Publishern ihre eigenen Bereiche lässt, sollte das bei Livestand unproblematisch sein.

Zum anderen:
Das Thema "Individuell zugeschnittene Inhalte" ist bei weitem nicht trivial. Wie fein und genau hier Algorithmus (und menschlicher Kurator) für eine passende Auswahl sorgen, ist die Krux. Schließlich muss der Fokus so eingestellt werden, dass die Inhalte für den Leser nicht zu breit werden und er trotzdem noch die neuen, unerwarteten Dinge erfährt, die er nicht im Blick hat.

Medienhäuser sehen die Aggregatoren-Apps mit gemischten Gefühlen, oft genug überwiegt die Skepsis. Verständlich, schließlich herrscht die Furcht, dass dann ein anderer mit meinen Inhalten Geld verdient. Über vernünftige Partnerschaftsmodelle sollte sich das aber lösen lassen. Das gilt auch für das Thema Markenpräsentation. Der Kiosk-Besitzer oder Grossist darf ja auch mitverdienen (auch wenn gewisse Verlage hier Einwände erheben).

In der allgemeinen Zielgruppe fahren Publisher mit eigener Plattform (als App oder Mobile Site) vielleicht besser, da eine aktuelle PEW-Studie ja zeigt, dass etablierte Marken auch auf dem Tablet Leser zu sich ziehen. Das Segment der Infovoren ist bei Tablets aber nicht nur stark vertreten, sondern auch als Zielgruppe interessant. Und die Präsenz im Aggregator kann insbesondere Marken aus der zweiten Reihe neue Leser zuspielen, die erst beim Blättern im Inhaltekiosk auf sie aufmerksam werden.

Der eine Weg schließt den anderen nicht aus.
Es gibt ja auch genug Titel, die sich nicht nur über Abo, sondern auch über Kiosk & Co. vertreiben lassen.

Mit immer mehr Playern in diesem Markt - der gewöhnlich gut informierten Kara Swisher zufolge steht diese Woche der Start von Googles Aggregatoren-App (Codename Propeller) an - sollten sich Medienhäuser mit dem Modell beschäftigen. Sinnvoller als der nächste PDF-Kiosk ist es allemal.

Mancher Medienmensch rümpft auch die Nase, weil sich dann ein Algorithmus einbildet, die journalistische Funktion der Selektion zu übernehmen. Was hierzu gesagt sein soll: Der Algorithmus ersetzt uns nicht. Er ändert an der Rolle des Journos nichts. Wir sind immer noch Gatekeeper.

Nur das wir schon lange nicht mehr der Gatekeeper sind, der hübsch aufpasst, dass keines der Schafe über den Zaun springt. Das wäre eh ein seltsames Verständnis. Wir stehen vielmehr am Schleusentor und fischen das aus dem Meer an Informationen heraus, das wir für unsere Leser für relevant halten. Plural. Wir schreiben für Zielgruppen, nicht für Einzelne (so schlimm geht’s Print dann doch noch nicht.) Das heißt, wir schreiben für die Interessen eines Amalgams. Es ist völlig normal, dass sich der einzelne Leser danach das herauspickt, was ihn interessiert. Oder wann habt ihr das letzte Mal eine Zeitung komplett von vorne bis hinten gelesen? Journalist und Algorithmus ersetzen sich nicht, sie ergänzen sich.

Es ist schon jetzt so, dass sich jeder aus seinen Medien in Print, Online und anderswo seinen Mix zusammenstellt – unterstützt vom Social Graph und anderen Faktoren. Eine Aggregatoren-App macht das einfacher. Wichtig ist, dass sie die Tore nicht zu weit zu macht. Denn das Problem jedes nachfragebasierten Modells ist: Ich kann nur das nachfragen, was ich kenne.

Wichtiger Teil des Journalismus ist es aber auch, auf die Sachen zu verweisen, die sonst eben untergehen.

Freitag, 4. November 2011

The Rum Diary: Playboy stellt seine gesammelten Hunter S. Thompson Texte online

Neuer Link für das alte Argument, dass man(n) sich für den Playboy wegen der Texte interessiert: Als Promo für den Johnny-Depp-Film The Rum Diary hat die Hasenmarke in ihren Archiven gegraben und ihre gesammelten Texte von und über Hunter S. Thompson online gestellt (der hat das Buch geschrieben. Die Vorlage zu Fear and Loathing in Las Vegas damals auch).


Sind ein paar interessante Einblicke in Leben und Werk des Anarcho-Schreibers und Erfinder des Gonzo-Journalismus dabei.

Etwa das "freewheeling interview" mit Fragen an ihn wie
"PLAYBOY: Today must be Thursday, because already this morning you’ve had two bloody marys, three beers and about four spoons of some white substance and you’ve been up for only an hour. You don’t deny that you’re heavily into drugs, do you?"

Oder auch der Briefverkehr, in dem ernsthaft über den möglichen Spesenrahmen für "Mann verwandelt sich in Werwolf"-Geschichten diskutiert wird.

Nicht so spektakulär wie sein Bewerbungsschreiben, aber trotzdem interessant.

Wie man allerdings satte sieben Monate an dem Interview schrauben kann, ist mir einigermaßen unklar.

Montag, 31. Oktober 2011

Microsofts Blick in die Zukunft: Büro-Getatsche in 3D

Das Microsoft-Office-Team denkt mal wieder eine Ecke weiter: So sieht für sie die Zukunft der Produktivität aus.

Schön gemacht und durchaus das Anschauen wert - auch wenn der Fokus bei Productivity Future Vision arg auf Touchscreen und 3D als Augmented Reality bleibt.
Ich denke schon, dass uns auch noch ein paar andere Dinge einfallen werden, auch weil das gezeigte jetzt nicht immer den Gipfel des Praktikablen darstellt.

Darum geht's in solchen Videos aber auch nicht, sondern um das Herumspielen mit und Freisetzen von Ideen.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Microsoft, Nokia und das hoffnungslose Erfolgsprodukt Windows Phone 7

Da sind sie also, die neuen Nokia-Modelle. Die Mobiltelefon-Baureihen, mit denen der frühere Marktbeherrscher, der in grauer Vorzeit auch mal Gummistiefel hergestellt hat, wieder ins Trockene finden will.

Viel war die Rede davon, dass Nokia (dessen Handys sich nicht mehr gut verkaufen) und Microsoft (dessen Betriebssystem Windows Phone sich nicht gut verkauft) jetzt zusammen den Markt richtig angreifen werden. Zugegebenermaßen führten diese Reden im Wesentlichen die Unternehmen selbst.

Was in diesem Zusammenhang interessant zu sehen ist: Als Hoffnung benennt Nokia nicht die ersten Windows-Phone-Geräte mit Partner Microsoft. Denn die heißen Lumia. Die billigere Baureihe für den asiatischen Markt, die tatsächlich noch auf Symbian setzt, heißt dagegen Asha, was Hoffnung bedeutet.
Das bitte auf der Zunge zergehen lassen.

Natürlich eine gemeine Beobachtung, die aber zu den verhaltenen Reaktionen auf die Lumia-Geräte und Windows Phone 7 selbst erst einmal passt.

Windows Phone 7 fliegt halt nicht, und das hat viel mit Microsofts Vorgehen zu tun.
Folgendes grandioses Zitat hat Achim Berg, globaler Marketing-Chef für Windows Phone, der WiWo geliefert: "Wir haben entschieden, dass wir im Handymarkt erfolgreich sein werden, früher oder später. Wir brauchen keinen Plan B."

Ah ja. Die Amateure da draußen mühen sich ab mit Innovationen, tüfteln genaue Strategien aus, analysieren den Markt und seine Bewegungen.
Microsoft dagegen entscheidet einfach, dass sie Erfolg haben werden.

Das erklärt so einiges.

Nicht falsch verstehen: Windows Phone ist eigentlich keine schlechte Plattform, und die Lumias sind vielleicht auch ganz brauchbar - mit den Geräten selbst muss ich mich noch auseinander setzen.

Aber Microsoft lässt den Biss vermissen, der nötig wäre, und den Apple sowie Teile des Android-Lagers zeigen.

Das zeigt sich auch daran, wie man die Geräte an den Kunden bringen will. Auch wenn Nokia hier richtig viel Geld in die Hand zu nehmen verspricht.
So sieht einer der Spots für Lumia aus:


Das haut mich jetzt nicht wirklich vom Hocker.

Ist aber immerhin nicht so sinnfrei wie die Kampagne für Sony Ericssons Xperia Ray.
("Mit unserem Handy kannst du tolle Fotos schießen!". Super. Ist das das einzige Feature an eurem Smartphone, das überzeugt? Dann viel Vergnügen mit der MySpace-Zielgruppe.)

Dienstag, 25. Oktober 2011

Augmented Reality: Spring, Käfer, spring!

Ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich Augmented Reality in klassische Werbung integrieren lässt: Für den Marktwiedereintritt des Käfers in Kanada hat sich Volkswagen eine feine Kampagne einfallen lassen. Durch die Juiced Up App erwachen die Plakate zum Leben. Aus dem Standard-Motiv fahren sich Rampen aus, auf denen der neue Beetle wilde Sprünge vollführt, Billboards werden auf dem Handy-Screen schon fast zum Parcour.



Sieht sehr nett aus, wenn's denn tatsächlich so gut funktioniert.

Und zeigt, wie lang, aber auch schlüssig der Weg von DDBs* Think Small zum Heute ist.

*Ja gut, damals hießen sie noch Doyle Dane Bernbach.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Infografik: Wie man sich einen Job in der Tech-Branche schnappt

Mastersdegree.net hat mal grafisch aufgearbeitet, nach welcher Art von Mitarbeitern Apple, Google und Co. suchen.

Kleiner Leitfaden für Tech-Interessierte (im englischsprachigen Raum).

Schön auch die Tipps wie: Résumé bloß nicht richtig schreiben, weil's die Personaler bei der Suche falsch eintippen.

Tech Job
Created by: Masters Degree

Montag, 17. Oktober 2011

Internet-Enquete oder Die Entdeckung der Langsamkeit

Ach ja, die Internet-Enquete.

Die geradezu wahnwitzige Geschwindigkeit, in der dieses Gremium des Bundestags mutig wichtige und richtige Entscheidungen vorantreibt, verdeutlicht folgendes Bonmot:

"Nach langwieriger Debatte beschloss das Gremium mit knapper Koalitionsmehrheit (17 zu 16), entgegen eines Anfang Juli gefassten Beschlusses doch keine Gutachten zu den beiden Themenbereichen Netzneutralität und Urheberrecht zu vergeben. Stattdessen sollen zunächst Entwürfe für mögliche Gutachten eingeholt werden, die der weiteren Arbeit der Projektgruppen zugutekommen sollen."

Mehr hier.

Statt immerhin in Auftrag gegebener Gutachten als Grundlage reden wir also als nächstes über Entwürfe dazu. Anders formuliert: Für die nächsten paar Monate passiert da auch nichts.

Zudem sind sie sich ja alle sicher, dass Netzneutralität wichtig und richtig ist, sehen sie nur weder gefährdet noch wissen sie, wie sie schützen sollen.

Ist schon interessant, dass über Schutzmethoden nachgedacht wird, wenn's doch angeblich gar keine Gefährdung gibt. Mal davon abgesehen, dass die sich aus einigen Ansinnen sehr wohl ableiten lässt.

Bei der Einlassung, Netzneutralität erlaube ja sehr wohl qualitative Unterscheidungen, stellen sich einem schon die Haare auf. Wenn manche Traffic-Art gleicher als andere ist, kann das schnell auf einen sehr rutschigen Pfad führen.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Siris Easter Eggs: "I'm sorry, Dave. I'm afraid I can't do that."

Nettes Ding: Auch für Siris Programmierer lag die Assoziation zu HAL 9000 auf der Hand. Zumindest haben die Macher von Apples neuem Assistenten im iPhone 4S folgendes Easter Egg eingebaut: Sagt man zu Siri "Open the pod bay doors", antwortet sie in HAL-Diktion "I'm sorry, [Name], I'm afraid I can't do that." Direkt aus dem 2001-Drehbuch.


Nur eines von vielen Easter Eggs, die This is my Next dokumentiert hat. Rüberklicken und durchlesen! Auch schön sind die vorgeschlagenen Verstecke, wenn man Siri mitteilt, dass man eine Leiche loswerden muss.

Einiges davon könnte ich mir auch gut in der GlaDOSiri-Stimme aus diesem Spoof vorstellen.

Sonntag, 9. Oktober 2011

FAS und CCC zeigen, wie passend der Begriff „Bundestrojaner“ ist.

Der Chaos Computer Club hat den Bundestrojaner erfolgreich seziert. Ergebnis: Der Name ist auf extrem vielen Ebenen passend.
Denn laut der Analyse ist das Ding das Rundum-sorglos-Paket für Ermittler und hat einige Dinge im Gepäck, die er nach Bundesverfassungsgericht gar nicht haben dürfte. Und ist zudem hingepfuscht.

Highlights:
- Komplett-Suite, deren Bestandteile sich remote nachladen lassen. Inklusive Bildschirmfoto-Tool.
- Schickt die Daten über die USA.
- Und ist gegen Fremdzugriffe schlechter geschützt als Flirtportale. Der Trojaner kann also auch anderen die Tür aufmachen.
- Ganz besonders toll: Kann auch Programme und Daten unbemerkt auf dem Rechner installieren. Großartig für die Beweiskraft.

Aus Frank Schirrmachers Text:
„Das Ergebnis, wenn die Analyse des Chaos Computer Clubs zutrifft, ist eindeutig, und das Ergebnis ist schlimm: Die staatliche Überwachungssoftware verfügt nicht nur über illegale Fundamentalfunktionen, sie scheint auch so fahrlässig programmiert zu sein, dass jeder, der den Trojaner entschlüsselt hat, alle anderen gleichartigen knacken und fernsteuern kann.“

Schirrmacher: http://www.faz.net/aktuell/politik/staatstrojaner-code-ist-gesetz-11486546.html

Allgemeine Darstellung: http://www.faz.net/aktuell/chaos-computer-club-der-deutsche-staatstrojaner-wurde-geknackt-11486538.html

Frank Riegers Gastbeitrag: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ein-amtlicher-trojaner-anatomie-eines-digitalen-ungeziefers-11486473.html


Bundestrojaner indeed.

UPDATE: Laut FAZ.net dementiert das Bundesinnenministerium, dass es sich bei der von CCC untersuchten Software um den Bundestrojaner handelt. Next up: Länderbehörden.
http://www.faz.net/aktuell/politik/nach-enttarnung-des-staatstrojaners-innenministerium-trojaner-nicht-eingesetzt-11487583.html

Freitag, 7. Oktober 2011

Siri oder das Killer-Feature, das Apples iPhone nicht mal braucht

[Disclaimer am Ende.]

Nach der iPhone-Präsentation am Dienstag war bei Fanboys, Experten und solchen, die letzteres gern wären, die Enttäuschung in Sachen Apple groß. Kein iPhone 5, kein neues Gehäuse, kein breiteres Display, kein integriertes Lichtschwert.

Und weiter?

Wer sich an der fehlenden 5 auf dem Rücken oder der bekannten Optik festbeißt, übersieht das Wesentliche. Wer über das iPhone 4S lacht, hat über die Implikationen von Siri und ein paar anderer Dinge nicht nachgedacht.

Siri wird von manchen lapidar als Sprachsteuerung abgetan. Untertreibung ist ein zu mildes Wort für diese Einschätzung. Denn Siri ist die Enkeltochter von HAL9000.

Eine persönliche Assistentin, die gesprochene Fragen beantwortet und Anweisungen ausführt.
Werfen Sie einen Blick auf das iPhone-Video ab 00:45.

Auch gut dafür: Ein Blick in die Apple-Keynote ab 73:25.

Siri soll Fragen und Anweisungen "verstehen", nicht nur bestimmte Phrasen.
Denken Sie darüber nach, was die gezeigten Szenen bedeuten.

Siri weiß, wer ich bin, wer meine Freunde und Kollegen sind, wo ich arbeite, wo ich wohne und wo ich gerade bin.
Immer. (Netz vorausgesetzt.)
Und Siri lernt.

(Die Stille, die sie gerade hören, wird von den für ein paar Schläge aussetzenden Herzen bundesdeutscher Datenschützer verursacht. Apple wird allerdings kaum daran scheitern, einen vernünftigen Opt-In aufzusetzen.)

Siri passt perfekt in die Apple-Logik: Sie (offiziell es, aber das klingt irgendwie dämlich) macht es dem Nutzer so simpel wie möglich – so verdammt einfach. Nach der Entfernung der Maus durch den Touchscreen rückt der Nutzer so noch näher ans Gerät. Nicht umständlich Adressen in Maps tippen oder Suchfelder ausfüllen – bloß fragen.

Auf der Suche nach dem Ort des nächsten Termins?
Siri, zeig mir, wie ich da hinkomme.
Hunger und Lust, ein neues Lokal auszuprobieren?
Siri, zeig mir ein gutes Restaurant in der Nähe.

SMS, Mails, Kalender-Einträge. Kann das Ding vorlesen, im Diktat annehmen, koordinieren.

Was interessiert es mich, ob das Display einen Zentimeter breiter ist, wenn ich das Handy gar nicht in die Hand nehmen muss?

Siri ist vom Konzept her die perfekte Sekretärin – mit dem kleinen Haken, dass nicht ganz klar ist, ob sie wirklich nur für einen selbst arbeitet.

Denn wer legt denn fest, aus welchen Quellen Siri meine Fragen beantwortet? Apple. Cupertino formt den Entscheidungsraum vor. Und nichts hindert sie daran, das Modell auszubauen: Couponing-Anbieter, Läden, Freizeitangebote – wenn ich einfach nur fragen muss, ist der Weg noch kürzer als ein Klick auf die App.

Und: Ein lernender, stets aufmerksamer Assistent erlaubt in der Theorie den Aufbau von Nutzerprofilen in einer Tiefe, von der Facebook momentan nur träumen kann.

Wenn Siri also wie vorgesehen funktioniert und auch angenommen wird – das wird der Job des Marketings sein, es gibt nicht ohne Grund bereits jetzt mehrere Varianten des Siri-Spots – dann hat die persönliche Assistentin das Potenzial zu dem Riesenfeature, das Experten in einem neuen Gehäuse gesehen hätten. Ausgemacht ist das natürlich noch nicht.


Aber, jetzt kommt der eigentliche Skandal, Apple braucht überhaupt kein Killer-Feature.


Klar, es wurde der große Wurf herbeigeredet und –geschrieben. Von anderen, nicht von Apple. Vom nötigen Befreiungsschlag gegen die Android-Armee war die Rede. Jetzt vom bröckelnden Ruhm, dem Ende des Hype, dem Beginn des Abstiegs. Nun schon von einigen in Zusammenhang gebracht mit dem Tod von Steve Jobs, was ich nicht weiter kommentieren werde.


Mal der Reihe nach:
Das iPhone 4 ist Apples bestverkauftes Modell bislang. Samsungs Galaxy S II, wohl der erfolgreichste Konkurrent, hat letztens stolz verkündet, seit Markteinführung 10 Millionen Stück verkauft zu haben. Toll. Nur: Apple verkauft 20 Millionen iPhone 4-Modelle – pro Quartal. Tendenz steigend.

Die Leute hören jetzt sicherlich nicht auf, das iPhone zu kaufen, weil keine 5 hinten drauf steht oder es immer noch das gleiche Gehäuse aufweist.
Gut, letzteres finde ich persönlich schade, weil mir das 4er Gehäuse nicht besonders gefällt. Ich finde die Form des 3GS schöner. (Viele andere Smartphonehersteller sehen das offenbar auch so.) Aber in den Läden liegenbleiben wird das 4S nicht, sondern genauso vom Fließband runter verkauft werden wie die Vorgänger.

Ja, der Aktienkurs ist zwischenzeitlich um fünf Prozent eingebrochen. Mal davon abgesehen, dass sich durchaus fragen lässt, ob Apple nicht eh trotzdem überbewertet ist: Wir wissen ja, dass Börsianer und Analysten immer rational und überlegt handeln und grundsätzlich nur richtige Entscheidungen treffen.

Es ist nicht so, als wäre Apple am Ende. Dass die Traum-Marktanteile mit immer mehr Konkurrenz im Markt nicht zu halten sind, ist klar. Dass Android iOS deutlich überholt hat, wenn man nur die Smartphone-OS-Verteilung betrachtet, ist auch richtig. Aber bei seinen Zahlen kann Apple bislang ganz gut mit der Android-Konkurrenz leben.

Das iPhone 4S schließt technisch die Lücke zu einigen Androids und hat mit Siri, der iCloud und iOS 5 ein paar interessante Karten im Ärmel. Gerade die iCloud: Es gibt einen Grund, dass Apple die Zahl von 250 Millionen iOS-Geräten präsentiert. Und der liegt nicht nur darin, dass es die größte Zahl ist, die sie zeigen können. Es zeigt die Schlagrichtung auf: Ein Ökosystem mit verschiedenen Zugangsgeräten, die vernetzt sind und vernetzt funktionieren. Auf verschiedenen Geräten am gleichen Projekt weiter arbeiten, den gleichen Film weiter sehen, das gleiche Buch lesen – so einfach wie möglich.

Statt der geweissagten Low-Budget-iPhones gab es neue Preispunkte für die alten Modelle. Auch das ist überlegter, als mancher denkt. Günstigere Geräte können weitere Käuferschichten erschließen und sich mit Androids anlegen – ohne dass ein abgespecktes, gegen sie schlecht aussehendes iPhone die Marke schädigt. Schließlich handelt es sich ja um ein altes Gerät. Was hätte man denn bei neuen bitte weglassen sollen, ohne sie zu brutal zu kastrieren? Speicherplatz? Retina-Display? Voilà – 3GS.

Wer dabei nur an die westlichen Märkte denkt, springt mental zu kurz.
Es gibt einen Grund dafür, warum Cook als erstes von den neuen Stores in China erzählt hat. Der besteht nicht darin, dass er jubelnde Menschen zeigen wollte. Da hätte er auch nach Hamburg gehen können.

Und was das Ende des Hypes angeht: Wie viel haben Sie denn im Vergleich über das Anfang kommender Woche präsentierte neue Nexus gelesen?

Ich nehme in den Kommentaren übrigens noch Wetten an, wann die Gerüchteküche in Sachen iPhone 5 wieder zu brodeln beginnt.

[DISCLAIMER: Dieser Text stammt vom Mittwoch und hätte Donnerstag Morgen online gehen sollen. Aus naheliegenden Gründen habe ich das verschoben. Da ich das Thema aber wichtig finde, folgt er heute. Geändert hat sich nur ein Satz.]

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Steve Jobs ist tot

Ach verdammt.
Ruhe in Frieden, Steve Jobs.

(via @Keri_Mellott / PhotoBucket)


http://www.apple.com/stevejobs/


Egal, wie man zu Apple und dessen Produkten steht: Mit Steve Jobs ist jemand gestorben, ohne den die Digitalwelt anders aussähe.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Apple: Welcome to the Magic Kingdom

Kleine Analyseaufgabe für die heute noch anstehende Produktverkündigung aus Cupertino: Verfolgen Sie daran mit, was Apple richtig macht und die Konkurrenz nicht begreift.

Und ich rede nicht von Technik.
Das ist nämlich gleich der erste Fehler.

In Ankündigungen wie in den Werbemaßnahmen kommuniziert Apple nicht, was für tolle Technik in dem Gerät steckt – sie zielen immer auf die affektive, persönliche Ebene. Was kann der Nutzer damit machen, wie wird es sein Leben verändern?
Ein iPad-Spot etwa zeigt, was sich damit alles anstellen lässt.
Kurz danach kommt dann ein Spot der Konkurrenz, die mir stolz erzählen, wie viel Zoll ihr Display hat und was für eine Auflösung in Pixeln es schafft.

Das ist zu abstrakt, das erreicht den Mainstream-Kunden nicht.

Die Grundlogik zeigt sich auch an Apples Sprachwahl, die bei mir immer Zähneknirschen auslöst. "Ein magisches Produkt" und so weiter. Das zielt aber auch auf das Erleben, nicht das Erklären ab. Nach Arthur C. Clarke ließe sich sagen: "Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden." Soll in diesem Kontext heißen: Dem Endkunden ist völlig schnuppe, warum das Gerät kann, was es kann oder wie es funktioniert. Smoke and Mirrors. Das Entscheidende ist, dass es funktioniert - und das so simpel wie möglich. Ist im Übrigen eine Logik, die Steve Jobs schon in seiner Antrittsrede beim Apple-Wiedereinstieg 1997 konkret formuliert hat. Nicht Technologie entwickeln und schauen, wie sich die verkaufen lässt, sondern für das entwickeln, was das Unternehmen als Bedürfnisse der Nutzer wahrnimmt.

Was immer Tim Cook heute präsentiert: Das Ding wird sich verkaufen, wenn es nicht gerade ein iPhone Shuffle ohne Bildschirm ist, das wahllos Leute anruft.

Da können Android-Jünger noch so viel darauf verweisen, welchen Beschränkungen die Apple-Herde hinter ihrem Zaun unterworfen ist. Das ist ja auch richtig – man läuft ständig in den proprietären Zaun, Apple kriegt es nur irgendwie hin, das Verbotsschild mit charmanter Geste zu halten.

Apple ist eher selten der große technologische Innovator. Der iPod war auch nicht der erste MP3-Player der Welt. Aber Apple weiß, wie man Dinge verpackt und verkauft.
Wie wichtig Design, Präsentation, Usability und die Art ist, wie ich das Produkt an den Kunden bringe. Wie ich es dem Kunden so einfach wie möglich mache, (was besonders dafür gilt, mir Geld zu geben) und wie ich möglichst elegant abtarne, was er alles nicht machen kann.

Und was die Theorien angeht, dass Apples Image kippen würde: Das ist in der Tendenz richtig und eine der perspektivisch größten Gefahren für Cupertino, aber bei weitem nicht so weit fortgeschritten, wie mancher denkt. Die Patentprozessorgie mit Samsung etwa – wir Digital-Nerds kriegen das mit, aber dem Mainstream-Kunden ist das null präsent. Da draußen laufen Leute rum, die frohen Mutes Nokia-Handys kaufen, weil ihnen nicht klar ist, dass sie mit Symbian auf ein Pferd setzen, dessen Termin beim Schlachter schon feststeht.

Hinzu kommt die Usability: Ein iPhone nimmt man in die Hand und bedient es richtig. Es gibt einen Grund dafür, warum das Ding ohne Handbuch ausgeliefert wird. Bei vielen Konkurrenzmodellen muss der Nutzer erst lernen, sich der Interface-Logik anzupassen. Bei Apple ist die Interface-Logik auf ihn ausgerichtet. Erneut: So simpel wie möglich.

Und so lange ein guter Teil der Zielgruppe so fanatisch ist, dass sie Event-Ankündigungen zu topgeklickten Meldungen machen und an den Lippen jedes Apple-Auguren hängen, der irgendein Detail postuliert, gibt es kein Problem auf der Nachfrageseite. Da draußen sind Leute stolz, ein Stück Pappe zu besitzen, das die Telekom ihnen als Talisman gegeben hat und das ihnen verspricht, zu den ersten zu gehören, die ein neuen iPhone kriegen. Obwohl das Ding weder vorgestellt noch auf dem Markt ist.
Und es werden sich wieder Verkaufsschlangen bilden vor den Apple-Schreinen – ach Verzeihung, Stores. Kurze Erinnerung an den Start des iPad 2: In Rezensionen wurde nicht die Frage behandelt, ob der Nutzer ein iPad 2 kaufen soll – sondern ob er es kaufen soll, obwohl er das Vorgängermodell hat.

Das wahre Magic Kingdom, das ist heutzutage Apple.

Montag, 3. Oktober 2011

Zu wenig Frauen in Digital-Berufen? Klar, die Nerds sind schuld.

Über eine ganze Seite hinweg geht der SZ-Wochenendteil der Frage nach, wieso Frauen so schwach vertreten sind in der Digitalszene und IT-Deutschland. (Nr 227, 1./2./3. 10., V1)

Die Antwort, die die Autorin findet: Die Nerds sind schuld.
"Während aber in der Mathematik jeder zweite Studienanfänger weiblich ist, lehnen viele Frauen gerade die Informatik ab. Nicht, weil ihnen die Arbeit keinen Spaß macht, wenn sie diese denn einmal ausprobieren. Sondern weil sie sich scheuen, von Männern umringt zu sein, 'die im Computer wohnen', wie dies die Informatik-Professorin Sissi Closs formuliert."

Ah ja. Deutlicher:

„Viele Mädchen erleben den Nerd als eher langweiligen, ein bisschen kontaktgestörten Typen, der bis spät in die Nacht vor dem Bildschirm sitzt“.

Das Problem: Diese Typen leiten heute leider auch mal Weltkonzerne oder politische Bewegungen, statt mit ihrer Briefmarkensammlung zu spielen.

Daher, so der weitere Tenor, muss Frau eben ihre Abscheu überwinden und sich zum Wohl von Karriere und Gesellschaft mit derartigen Typen (als Kollegen) abfinden.

Soso.
Dann vielen Dank für diese tiefschürfende Analyse, die so deutlich über Klischees und Oberflächlichkeiten hinausgeht und uns allen wirklich weiter hilft.
(Hoppla, die Sarkasmus-Taste klemmt schon wieder.)

Ich glaube allerdings schon, dass ein etwas breiterer Erkläransatz angemessen wäre.

Um eins klarzustellen: Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen ist ein Unding, und Teams, in denen beide Geschlechter vertreten sind, funktionieren meist besser – mehr Frauen in Digital-Berufen wären in jedem Fall eine gute Sache.
Bei der Lektüre dieses Artikels konnte meine Augenbraue an mehreren Stellen aber trotzdem nicht anders, als nach oben zu schießen.

Das hier ist im Übrigen keine gemeine Kritik. Eine solche hätte dankend aufgegriffen, dass der Artikel mit einem Motiv des Geena-Davis-Streifens „Die Piratenbraut“ bebildert war, einem der größten Box-Office-Schiffbrüche aller Zeiten.

Wer ich glaube, das ich bin und was ich denke, das ich hier tue.

In den Worten von Rüdiger Hoffmann: Hallo erstmal!

Das hier ist der Auftakt-Post, also quasi die -1, von "Von Nullen und Einsen". Daher ein kurzer Überblick: Mein Name ist Ralph Pfister, ich bin Journalist im Themenfeld Digital/New Media bei W&V und Kontakter - und hier rein für mich selbst unterwegs. Dies ist meine eigene kleine Spielwiese für die Dinge aus der digitalen Welt, die ich interessant, bemerkens- oder kommentierenswert finde, die aber nicht in 140 Zeichen passen.

Soll heißen: Es wird um Digital Business gehen, aber auch um die Eigenheiten des Lebens im digitalen Zeitalter, Tech-Themen, Web Culture und sicher auch um die ein oder andere Skurrilität.

Anders ausgedrückt: Ich schreibe hier eben von Nullen und Einsen.

Darüber hinaus gibt's mich
hier,
dort,
und da auch.