Pff. Wer braucht schon große Fernseher? Microsoft Research jedenfalls nicht, wie sie mit IllumiRoom zeigen. Auf der CES geht es ja aktuell gerade gern mal um groß, größer, am größten: Samsung und Co zeigen Fernseher mit Bilddiagonalen von 60 Zoll, 80 Zoll, 110 Zoll. Mag spektakulär aussehen, reißt aber große Löcher in Budget und Wohnzimmerwand.
Ausgerechnet Microsoft führt da vor, dass es auf Bildschirmgröße nicht ankommt und macht eben diese komplette Wohnzimmerwand zur Spielkulisse. Das "proof-of-concept"-Video zu Microsoft Researchs Projekt IllumiRoom zeigt etwas, das Gamern die Kinnlade runterklappen lässt. Das Spieluniversum dehnt sich vom Bildschirm über die komplette Wohnzimmerwand aus.
Screenshot von Microsoft Researchs Video. |
Kein Riesendisplay, nicht das Wohnzimmer umgestalten müssen, keine polarisierte Brille. Microsofts Forschungsteam hat schlicht einen Beamer und eine "Kinect for Windows"-Kamera zusammengeschraubt. Nach einem Scan des Raums wird dann während des Spiels die Spielumgebung auf die Wohnzimmerwand samt Einrichtung projiziert. Laut Microsoft Research in Echtzeit und ohne aufwendige Vorberechnungen.
Das Resultat ist ein dem ersten Eindruck nach enorm immersives Spielerlebnis - der Gamer taucht richtiggehend in die Umgebung ein. Im Endeffekt spinnt IllumiRoom den Gedanken von Darstellungsformen wie bei Philips' Ambilight-Fernsehern weiter, die den Farbraum des auf dem Bildschirm Gezeigten an die Wand warfen. Dank des Beamers sieht das aber alles deutlich detaillierter aus, zeigt tatsächlich die direkte Level-Umgebung oder Wettereffekte, nicht nur Farben.
Und sieht, um mal ganz direkt zu sein, einfach verdammt fett aus.
Ein Spielerlebnis wie im Großleinwandkino. Dass die Peripherie nur Teile zeigt, die auch perspektivisch verzerrt - geschenkt, denn es ist eh das periphere Sichtfeld. Aber auch bei der Betrachtung dieses Konzepts sollte man den Blick über das Gaming-Thema hinaus weiten. Microsoft Research zeigt hier die nächste spannende Anwendung, die sich aus Kinect rausholen lässt. In Sachen Interface gibt es ja ebenfalls immer wieder spannende Ideen, die auf Kinect und Systemen zur Erkennung von Bewegungen aufsetzen. Gerade die Verbindung mit Projektion lässt da weitaus mehr als nur Spielereien zu.
(Dazu passen auch zwei ältere Artikel: Kinect, Leap & Co.: Fingerzeige für die Post-Touch-Steuerung und Touché: Disney Research und die Touch-Steuerung für alles)
Natürlich stellt der IllumiRoom-Clip erstmal nur einen "proof of concept" dar. Nicht mal das Paper zu dem Projekt ist schon verfügbar. Dass das alles so funktioniert und keine Tricksereien braucht, lässt sich noch nicht überprüfen. Microsoft Research gibt allerdings sein Pfadfinderehrenwort, dass der Clip Live-Effekte zeige und nicht das Ergebnis von Post-Production.
Für Entertainment-Zwecke jedenfalls bietet die Verbindung mit Kamera und Echtzeitprojektion von Umgebungen und Bildschirminhalten interessante Möglichkeiten. Man könnte schon fast an die Videoleinwände in Fahrenheit 451 denken. Mir geht es dabei gar nicht um Anspielungen auf Dystopien. Rein um das Konzept und die Vorstellung, was das an Präsentations-, Gestaltungs- und Interaktionsformen bieten könnte. Jenseits dieser Gaming-Anwendung lässt sich aus dem Grundkonzept - Kinect und Projektion - noch einiges herausholen. Da muss perspektivisch nicht einmal ein Fernseher stehen.
Auch wenn entsprechende Projektoren natürlich einige Lichtleistung auf die Straße bringen müssen, damit das im durchschnittlichen Wohnzimmer funktioniert - insgesamt wirken hier zwei, drei Schritte weitergedachte Konzepte trotzdem näher als Wände aus organischen LEDs. Oder komplette Display-Wände.
Für ein Wohnzimmer wie das der Comic-Figur Spider Jerusalem wird es allerdings nicht reichen. Wobei das schon seinen Witz hätte.
"Home entertainment system: Give me fire."
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