Seit Donnerstagabend hallt ein Aufschrei durchs Netz, im wesentlichen über Twitter. Über 25.000 Tweets, vermutlich bald über 30000, in denen im wesentlichen Frauen ihre Erfahrungen mit Belästigung und Sexismus im Alltag teilen. Medien - Print und TV wie Online - nehmen sich des Themas an. Den Stein des Anstoßes stellte der Stern-Artikel über Brüderle und dessen Aufdringlichkeiten gegenüber der Journalistin Laura Himmelreich dar.
Doch darum geht es nicht. Es geht nicht um Brüderle, den Stern, die Frage nach Kampagnen. Sondern um den Elefanten, der im Raum steht. Die Art, wie Frauen oft beruflich wie auch in der Öffentlichkeit behandelt und angegangen werden. Anzüglichkeiten, sexuelle Belästigung, Übergriffe. Dieser Elefant ist nicht im mindesten okay, nur "weil er da schon immer steht". Er ist groß, häßlich und wir Männer nehmen ihn zu selten wahr. Gar nicht, nur im Halbschatten oder nur mit einem Bruchteil seiner Ausmaße. Er reibt sich ja auch nicht an uns. Er legt nicht uns den Rüssel um die Schultern. Steigt uns auf die Zehen.
Es sind größtenteils Frauen, die sich zu Aufschrei äußern. Es sind eigentlich fast ausschließlich Journalistinnen, die in Medien in den letzten Tagen darüber schreiben. Nicht, weil wir Männer alle Arschlöcher wären, die nicht wissen, "was die Weiber schon wieder haben". Sondern weil wir nicht recht wissen, was wir sagen sollen. ("Wir Männer" stellt natürlich eine Verallgemeinerung dar. Meinetwegen "ich und meiner Wahrnehmung nach die meisten anderen", aber das liest sich einfach schlecht. Dazu später mehr.)
Das ist aber, wenn auch in untergeordneter Ebene, Teil des Problems. Also dann.
Es verlangt große Achtung, dass Menschen ihre Geschichten unter #Aufschrei erzählen. Im vollen Bewußtsein dessen, wie sie dafür von einigen Schwachmaten wieder angegangen werden. So wird das Problem in seinen Dimensionen überhaupt sichtbar. Diese einzelnen Geschichten vermitteln das Ausmaß. Sie stellen keine Debatte dar, dafür eignet sich Twitter auch schlecht. Aber sie verleihen Sichtbarkeit.