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Donnerstag, 3. Mai 2012

'Ich mag deine Niere' - Facebook und die Organspender-Funktion

Als Facebook das Timeline-Profil eingeführt hat (bei uns heißt's Chronik), gab es einige Witze darüber, wie Mark Zuckerberg weiter das exponentielle Wachstum persönlicher Daten sicherstellen will. Eine humoristische Schreckensvision bestand darin, dass in der Zukunft Biosensoren unsere medizinischen Werte einfach automatisch posten.

So weit ist es noch nicht, aber ab jetzt können zumindest US- und UK-Nutzer ihren Angehörigen, Freunden, dem Rest der Welt und Facebook mitteilen, dass und warum sie Organspender sind. Als Eintrag im Chronikprofil lässt sich das nun anlegen. Wer noch nicht Organspender ist, findet von diesem Punkt aus via Facebook zu den zuständigen Stellen. Und natürlich lässt sich die Organteilungsbereitschaft auch als Post im Stream teilen, mit den gleichen Freigabeoptionen wie bei anderen Posts auch.


Es bleibt abzuwarten, ob das das lebensrettende Feature darstellt, als das Facebook es angekündigt hat. Aufmerksamkeit auf das Thema Organspende gelenkt hat es auf jeden Fall.

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Facebook, Ilse Aigner und ein vielsagendes Verständnis von Medienkompetenz

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner kritisiert im Handelsblatt mal wieder Facebook. Das an sich ist jetzt weder neu noch überraschend, sondern war mit Blick auf den Kalender wohl einfach wieder dran. Interessant ist aber die Einstellung, die bei der Kritik deutlich hervortritt.

Diesmal ist Facebooks neues Profil-Angebot Timeline Gegenstand der Schelte, also die neue Profilvariante, die als Chronik das Userleben abbildet. Absurd sei das Angebot, das ganze Leben als Timeline zu veröffentlichen, sagt Ministerin Aigner da.

Und spricht dann dem Handelsblatt folgendes in den Block:
"Die Aufforderung, die letzten Datenlücken im Internet schnell zu schließen, ist genau das Gegenteil dessen, was wir unter Medienkompetenz verstehen: Sparsam mit seinen persönlichen Daten umzugehen."
(In anderen Bereichen ist deutschen Politikern am Schließen der Datenlücken jedoch äußerst gelegen, etwa wenn es um die Vorratsdatenspeicherung geht. Aber geschenkt.)

Unsere Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (nach wie vor eine sehr eingängige Kombination, nicht wahr?) versteht unter Medienkompetenz also den sparsamen Umgang mit persönlichen Daten. Passt zu ihren Äußerungen, aber nicht wirklich zu dem Begriff.

Anders formuliert:



Denn Medienkompetenz heißt für mich der kompetente - sprich: fähige und befähigte - Umgang mit Medien. Duden und Wikipedia geben mir da Recht.
Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen.

Das lässt sich so gar nicht mit "nutze das Teufelszeug möglichst wenig" übersetzen, sondern zielt auf eine bewusste Nutzung. Natürlich ist der sorgsame, bewusste Umgang mit eigenen Daten wichtig - dabei kann der User aber auch zu dem Ergebnis kommen, dass er bestimmte Informationen eben teilen und mitteilen will. Ein absolutes "Geht gar nicht" anstelle eines bewussten Auseinandersetzens und einer ebensolchen Entscheidung hat jetzt nicht unbedingt viel mit Kompetenz zu tun. Es erinnert eher an "German Angst" und eine strikte Verweigerungshaltung. Das bringt uns jetzt nicht wirklich weiter.

Ähnlich gelungen finde ich ja die erste Wortwahl. Man kann über die Timeline sicherlich einiges sagen, dass sie "absurd" sei, also sinnlos oder widersinnig, liegt jetzt aber nicht gerade nahe. Der Sinn dahinter lässt sich sowohl aus Unternehmens- wie Nutzerperspektive erläutern, bei Bedarf auch mit negativer Tonalität. Das (Mit-)Teilen von Informationen in einem Sozialen Netzwerk aber grundsätzlich widersinnig zu nennen, sagt mehr über die eigene Perspektive als das neue Angebot aus.

Dazu sei erwähnt: Zumindest bislang setze ich die Timeline nicht ein - man könnte sagen, weil sie meinen Zielen und Bedürfnissen nicht signifikant entgegenkommt. So kann ich mir etwa im allgemeinen halbwegs merken, wann ich geboren bin, und habe kein gesteigertes Interesse daran, nachzuvollziehen, was ich am 21. März 2009 gemacht habe. Gleichfalls interessiert mich bei meinen Facebook-Freunden nicht, wann sie sprechen und laufen gelernt haben. Was aber nicht grundsätzlich bedeutet, dass die Timeline sinnlos wäre oder nicht bestimmen Zwecken diente.
Das interessante an Timeline ist der Zusammenhang mit dem Open Graph, aber noch passiert da in Deutschland nicht die Welt. In dem Kontext (oder wenn ich Lust habe, mich mit der Umstellung rumzuschlagen) könnte sich dann auch meine Haltung ändern.

(Unabhängig davon wäre es, falls man Jeff Jarvis irritieren will, lustig, via Mobile-Check-in jeweils den Saunabesuch auf Facebook zu verkünden.)

Aigners letzter Punkt, besserer Datenschutz auf europäischer Ebene, ist dagegen gar nicht verkehrt. In dem Sinn, dass hier einiges an Klärungsbedarf existiert. Nur würde das in ihrer Auseinandersetzung mit Facebook erst mal keinen Unterschied machen - Facebook bezieht sich ja meist nicht auf amerikanisches, sondern auf irisches Datenschutzrecht. Vor einem für den Binnenmarkt geltenden europäischen Datenschutzrecht steht ohnehin einiges an Gesprächs- und Harmonisierungsbedarf. Und wieweit dass ihr Job ist und nicht der von Brüssel, Innenminister Friedrich sowie den diversen deutschen Datenschützern, steht dann auch noch im Raum. Gleichwohl: Ja, an dem Thema muss grundlegend gearbeitet werden. Aber bitte mit einem Leitbild von Medienkompetenz, das mehr mit, wie soll ich sagen, Kompetenz zu tun hat.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Facebooks Open Graph und die Medien: Hey, mein Kumpel hat gelesen, dass...

Nach einiger Wartezeit geht Facebooks Timeline-Rollout jetzt tatsächlich mal los: Die neue Profilseite, die das Leben als Chronik quasi von der Wiege bis zur Bahre darstellen kann, startet erstmal nur in Neuseeland - quasi der isolierte Insel-Testmarkt.
Heißt auch: Der Schraub- und Justierbedarf am System wie auch in Sachen Social Engineering (wie kriege ich meine Nutzer dazu, es zu verwenden und nicht durchzudrehen) ist wohl größer als im September gedacht.

Medienangebote schielen in die Richtung der Timeline, weil sie mit dem veränderten Open Graph zusammenhängt. Genauer gesagt mit der Möglichkeit, über Facebook-Apps die Freunde der eigenen Nutzer wissen zu lassen, was diese gerade lesen oder ansehen.

Was das bringen soll? Naja: Wie wäre es mit einer Million Page Impressions pro Tag? Die verzeichnet nämlich der Guardian über seine App, wie Facebook fröhlich verkündet.

Vier Millionen Nutzer haben die App installiert - die Hälfte davon unter 24 Jahren. Was ein Hinweis, aber keine harte Zahl dazu ist, wieviele dieser Nutzer tatsächlich neu zum Guardian gestoßen sind und wie viele nur ihre Nutzung erhöht oder verlagert haben. Trotzdem: Beeindruckende Zahl. Und eine, die konkrete Leistungswerte bietet, auch wenn es um das Thema Monetarisierung geht.

Wie auch die 3,5 Millionen monatlicher User der Washington Post oder die Million des Independent. Yahoo spricht von einer Traffic-Erhöhung via Facebook um 600 Prozent durch die zehn Millionen, die die App verwenden. Nebenbei bemerkt: In der Reihe prominenter Startpartner, die jetzt positive Zahlen vermelden, fehlt News Corps. The Daily. Nur mal so in den Raum gestellt.

Das heißt: Apps, um den Nutzern via frictionless sharing noch direkter nicht nur Zugang zu eigenen Inhalten zu bieten, sondern das auch noch deren Freunden auf die Nase zu binden, können für einen weiteren Traffic-Schub sorgen. Schon jetzt sind Social Networks für 28% eine Nachrichtenquelle - selbst im datenschutzsensitiven Deutschland. Dass der Social Graph (das eigene Netzwerk aus Freunden und Bekannten) einen relevanten Zugangskanal zu Informationen darstellt, dürften die meisten auch aus eigener Erfahrung kennen. Ein neues Phänomen ist es ohnehin nicht. Sondern nur die Verlagerung dessen, was früher als Gespräch in der Teeküche oder dem Schulhof galt.

Der Donnerstag vorgestellte Subscribe Button für externe Websites geht im übrigen in die gleiche Richtung, auch wenn er erst mal nur die jeweiligen Abonnenten bespielt und nicht deren Freunde.

Wird das ganze bruchlos - was nichts anderes heißt, als dass es keine explizite Aktion des Nutzers braucht, sondern sein Verhalten automatisch mitgeteilt wird - kann das für einen Schub sorgen. Es muss nicht, weil es auch zu einer Überflutung mit Informationen führen kann. Denn Stand jetzt profitieren die Anbieter mit den positiven Zahlen von einer überschaubaren Zahl an Wettbewerbern. Und natürlich müssen die Nutzer die Funktion annehmen und aktivieren. Was in Teilen der Grund für den langsamen Rollout sein dürfte. Aber es kann die Bedeutung von Facebook als Traffictreiber weiter erhöhen. Und das ist, gerade wenn man sich die Verschiebungen bei den Zugangswegen zu Informationen im Netz ansieht, durchaus ein Thema, das man im Auge behalten sollte.