Sonntag, 26. August 2012

Apple vs. Samsung: Die Fanboy-Kriege gehen in die nächste Runde


Mit dem US-Urteil im Patenprozess zwischen Apple und Samsung endet die Saga der Mobile-Kriege nicht. Es beginnt nur eine weitere Episode. Und ein kleines Intro dürfte verdeutlichen, dass es noch einen spannenden Sub-Plot neben den wirtschaftlichen Auswirkungen gibt:





Denn das ist das Interessante neben der Erörterung, was aus dem Urteil folgen könnte: Die harschen Reaktionen von Samsung- und Android-Freunden auf die Entscheidung der Geschworenen führen gut vor Augen, dass auch Samsung Fanboys hat. Und sie sind in ihrer Haltung ähnlich unverbrüchlich loyal, in ihren Urteilen ähnlich absolut wie die von Apple.

Da wird ein Urteil in San Jose (eines in einer solchen Lawine weltweiter Prozesse, das selbst am gleichen Gericht noch ein weiteres Verfahren anhängig ist) zum Untergang des Abendlandes, dem Sieg des bösen Imperiums über die Innovation, wahlweise gleich zum Sieg des Turbokapitalismus und der Geldschneider über echte Erfinder. Selbst Godwins Gesetz findet sich mit Hitler- und Nazivergleichen für Apple flugs umgesetzt.

Die Menschen, die sich so in Rage reden, sind nicht nur Entwickler, Marktbegleiter oder sonstwie beruflich mit dem Feld verknüpft. Das sind User, Kunden.

Samsung hat also nicht nur bei den Geräten abgekupfert – sie haben (mit Googles Hilfe) auch die Apple-Fanboys geklont. Und die Klonarmeen gehen lautstark aufeinander los.

Freitag, 24. August 2012

Disney Researchs Revel: Augmented Reality für den Tastsinn

Schon immer gefragt, wie sich eine virtuelle Textur so anfühlt? Disney Research arbeitet daran, Antworten zu liefern. Mit Augmented Reality für den Tastsinn - ohne VR-Handschuhe oder ähnlichen Schnickschnack.

Wenn wir von Augmented Reality, also der Erweiterung der Realität durch virtuelle Elemente, reden, denken wir meist nur an visuelle Erweiterungen. Überblendungen in Smartphone-Displays oder Brillen etwa. Menschen nehmen die Wirklichkeit (besser gesagt: unser Konstrukt davon) aber noch über einige andere Sinne wahr. Einer davon: Der Tastsinn, der sich dank des Siegeszugs der Touch-Displays ohnehin großer Beachtung bei Interface-Entwicklern erfreut. 

Ein Team von Disney Research entwickelt mit Revel nun eine Technologie, um Alltagsgegenstände mit überschaubarem Aufwand so auszustatten, dass für Menschen virtuelle Oberflächenstrukturen fühlbar werden, wenn sie sie berühren. AR für den Tastsinn. Taktiles Feedback aus dem Rechner.

 Mit Revel fühlt der Nutzer die virtuelle Oberflächentextur am Objekt. Bild: Disney Research.

Das Konzept dahiner ist reverse electrovibration (daher Revel), also umgekehrte Elektrovibration. Bevor ihr jetzt in mentale Horrorvorstellungen abdriftet: Bei Elektrovibration geht es um eine Wirkung elektrostatischer Felder. Wenn auf einem leitenden Objekt eine schwache, oszillierende Spannung liegt und ein geerdeter Nutzer dieses Objekt berührt und darüber streicht, dann spürt er Reibung. Bewegt sich der Finger nicht, spürt der Anwender auch nichts. Die Modulation der Spannung führt dabei zu unterschiedlichen Reibungseffekten, fühlt sich also nach unterschiedlichen Oberflächen an. Eine sinusförmige Wechselspannung etwa sieht nicht nur im Oszilloskop wie eine abgerundete Wellenkurve aus, sie fühlt sich auch abgerundeter an. (Detaillierter erklärt im Revel-Paper.)

Montag, 20. August 2012

Netzespresso: Rache ist Pink Oder Virtueller Vandalismus hat Folgen

Von wegen virtueller Vandalismus hat keine Folgen: Auch die Präsenzen in Sozialen Netzwerken sind ja für viele eine Art Zuhause, in denen sie sich einrichten. "Ich lebe online" und so, Facebook als Wohnzimmer. Da ist es nachvollziehbar, dass man sauer wird, wenn Einbrecher dieses virtuelle Zuhause verwüsten.

So geschehen in Amstelveen, als der kleine Bruder eines Niederländers dessen Facebook-Profil gekapert und wüst umgestaltet hat. Das geschädigte Bruderherz hat daraufhin einen Racheplan ersonnen, der in die Annalen der Vergeltungsschläge zwischen Geschwistern eingehen dürfte: Wenn du mein virtuelles Zuhause umdekorierst, mach' ich das mit deinem Zimmer. Zimmer-Hack statt Profil-Hack - und Rache ist Pink. So findet der 15-Jährige sein Zimmer umgestaltet in einen klischeehaften rosa Mädchentraum:




Dieser Clip demonstriert nicht nur eindrucksvoll die kreative Energie, die sich in geschwisterlichen Racheaktionen entfalten kann - der Aufwand und die Liebe zum Detail sind schließlich beeindruckend. Er zeigt auch, dass virtueller Vandalismus durchaus unangenehme Folgen haben kann. (Gute Werbung für den beruflich videofilmenden Bruder ist es natürlich zudem.)

(Zur Klarstellung: Es geht nicht darum, dass rosa Mädchenzimmer per se ganz furchtbar wären - es geht darum, dass sie für einen 15-jährigen Jungen so ziemlich die Höchststrafe darstellen.)

Vielleicht wäre das auch das richtige Strafmodell für andere Vandalen: Statt bei der Debatte über sich via Facebook zusammenrottenden Partycrashern sinnfreie Dinge wie eine Haftung für Facebook zu fordern, warum nicht in diese Richtung denken:

Wer anderen ungebeten die Feier ruiniert, wird nicht einfach mit finanziellen Forderungen (die ohnehin nicht eintreibbar sind) konfrontiert. Stattdessen hetzt man ihnen die mobilen Wohnraumkommandos des deutschen Privatfernsehens auf den Hals. (Einsatz in 4 Wänden und wie sie alle heißen.) Profil gehackt, Website verunstaltet, Party gecrasht? Schon kommen Tine Wittler & Co. zur Strafumdekoration vorgefahren.



Freitag, 17. August 2012

Die galoppierende Zwangs-Sozialisierung des Webs geht mir auf den Keks Oder Ich will Socken nicht teilen

In seinem Science-Fiction Roman Ubik hat Philip K. Dick eine Welt beschrieben, in der man für so ziemlich alles zahlt: Damit die eigene Wohnungstür sich öffnet, die Dusche anspringt, der Kühlschrank aufgeht. Alles kostenpflichtig, was die Geräte ihrem Besitzer auch mitteilen. Microypayment und Sprachsteuerung in einem Buch aus dem Jahr 1969.

"He therefore vigorously strode to the apt door, turned the knob and pulled on the release bolt. The door refused to open. It said, 'Five cents, please.'"

Würde er es heute schreiben, die Wohnungstür wollte wohl nicht fünf Cent, um sich zu öffnen. Sondern einen Share auf Facebook und fünf Likes.

 "Joe Chip hat seine Tür geöffnet." – G.G. Ashwood und vier anderen gefällt das.

"In deinem Freundeskreis ist doch noch Platz für uns." Bild: Marvin Siefke / Pixelio.de

Denn die Sozialisierung des Webs greift immer weiter um sich. Egal, ob man Konzertkarten kauft oder Socken, Videos ansieht oder Nachrichten liest, überall poppen Facebook Connect und dessen Vettern auf: "Teil das doch mit deinen Freunden!" "Poste doch dieses Produkt!"

Von E-Commerce über Portale zu Medienauftritten und Apps: Jeder will unseren Freunden vorgestellt werden, egal um welches Produkt oder welchen Dienst es geht. Die Social-Connect-Integration ist die Digitaluhr unserer Zeit. So wie in den 80ern und 90ern einfach überall eine Digitaluhr eingebaut wurde, ist es jetzt Facebook Connect.

Und das fängt an zu nerven. Gewaltig.

Dienstag, 14. August 2012

Social Media trifft Rocket Science - Die NASA, Curiosity und die Punktlandung im Netz

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA konnte letzte Woche gleich zwei Erfolge feiern. Der eine war die erfolgreiche Landung des Mars-Rovers Curiosity. Der andere war die Resonanz, die die NASA im Netz durch ihre Kommunikation hervorgerufen hat. So viel Interesse, Goodwill, auch Begeisterung wurde der Weltraumbehörde schon lang nicht mehr entgegen gebracht.

Bild: NASA/ Bill Ingalls

Der Enthusiasmus, den die Mondlandung einst verursachte, hat über die Jahre und Jahrzehnte, insbesondere durch Katastrophen wie das Challenger- und das Columbia-Unglück, deutlich abgenommen. Die letzten großen Schlagzeilen machten die endgültig letzten Flüge der Space Shuttles Discovery und Enterprise – huckepack auf Flugzeugen zu ihren Ruheorten in Museen. In Teilen noch der Tod von Astronautin Sally Ride, der ersten Amerikanerin im Weltraum.

Die NASA schien im Auge der Öffentlichkeit aus der Zeit gefallen, unterwegs mit veraltetem Gerät. Eine alte, zu teure Behörde, deren Budgets zusammengestrichen werden und deren Astronauten per Anhalter in den Orbit fliegen müssen.

Und jetzt? Verfolgten Menschen rund um den Globus live per Videostream aus dem Kontrollraum des Jet Propulsion Laboratory, wie das Team die Landung von Curiosity erlebte. Schickten auf Twitter und Facebook Status-Updates zum Landeprozess. Feierten mit den Blauhemden, als klar war, dass die 7 Minuten Terror der Landung heil überstanden waren.

Mittwoch, 8. August 2012

Shitstorms sind überbewertet. Schluss mit dem Hype!

Aktuell erlebt Social Media stürmische Zeiten, es herrscht ein Auf und Ab. Während sich die Facebook-Aktie und mit ihr die Hoffnungen der Börsianer im Sturzflug befindet, hat ein anderes Thema Hochkonjunktur: Shitstorms. 

Ein Phänomen, das seit einigen Monaten eine üble Inflation und gerade einen richtigen Hype erlebt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich ist es höchste Zeit, dass die Shitstorm-Blase platzt.

(Hiermit entschuldige ich mich bei Lesern mit ausgeprägtem visuellen Vorstellungsvermögen.)

Denn Shitstorms sind überbewertet.

McDonald’s, Vodafone, Galileo, H&M, der kleine Kiosk um die Ecke – halb Corporate Facebook sieht sich einer Masse erzürnter User gegenüber, die auf dem besten Weg ist, das Sommerloch als Jauchegrube zu füllen. Könnte man meinen. 

Bild: Fritz Zühlke / pixelio.de

Und Unternehmen überkommt die blanke (und vor allem sehr deutsche) Angst: Da haben sie sich schon in Social Media hineingewagt (quasi die neue Modellreihe von diesem Internet) und dann haben die Kunden auf einmal nicht nur eine Stimme, sondern benutzen diese auch noch, um sich zu beschweren. Und das, wo die Unternehmen doch so lang und hart an dem Bild arbeiten mussten, dass sie nur glückliche Kühe Kunden haben.

Shitstorms entwickeln sich zum Angstgegner der Unternehmen in Social Media. Doch Angst ist eine gewisse Irrationalität immanent. Wie groß und böse ist der Bogeyman des Social Web nun also wirklich?

Sonntag, 5. August 2012

Netzespresso: Die 7 Minuten Terror des Marsrovers Curiosity Oder ihr denkt, euer Montag wäre übel?

Bevor jetzt mit Blick auf den nahenden Wochenbeginn das Gejammer losgeht, wie schlimm Montage wären, wer die überhaupt erfunden hat und wie es euch schon davor graust: Wenn ihr nicht gerade mit 1000 Meilen pro Stunde auf die Marsoberfläche zurast und ein völlig halsbrecherisches Landemanöver vor euch habt, dann ist euer Wochenstart verglichen mit dem des Marsrovers Curiosity und dessen NASA-Ingenieuren schlicht Pillepalle.

Denn so beginnt für Curiosity und die NASA die Woche: Mit einem Landemanöver, das selbst die Weltraumbehörde offiziell mit der Bezeichnung 7 Minutes of Terror versehen hat:


Das lustige dabei: Dieser Clip, der aussieht wie von einem ambitionierten Nachwuchs-Michael-Bay gemacht (obwohl die Explosionen fehlen) übertreibt kein Stück. Ein kleiner Fehler in dieser Prozedur und zwei Jahre Arbeit sowie 2,5 Milliarden Dollar sind futsch. Und diese von Wired hilfreich zusammengestellte Liste verdeutlicht, dass Mars-Missionen eher schief gehen als klappen. Wer sich die 7 Minuten noch mal in Ruhe ansehen will: Das muss währenddessen alles passieren.

Freitag, 3. August 2012

Netzespresso: Die Sinnkrise des leeren OlympicSeat als Social-Media-Benchmark

Irgendwie bekommt man langsam den Eindruck, die ganze Welt geht auf Twitter. Mit Ausnahme solch gallischer Dörfer wie Deutschland, versteht sich. Hier sind's ja gerade mal sieben Prozent der Internetnutzer. Dafür tummeln sich inwischen Hunde, Katzen und jetzt auch ein leerer Stuhl auf Twitter - der OlympicSeat beklagt dort seine tiefe Sinnkrise, weil er sich so leer fühlt. Schöner satirischer Kommentar über die haufenweise leer bleibenden Sitzplätze bei den Olympischen Spielen in London.

Der leere Stuhl auf Twitter.
Der leere Stuhl teilt seine existentielle Krise inzwischen mit mehr als 20000 Followern. Das ist für runde 20 Tweets durchaus beachtlich, auch für eine Satire-Idee, die sich problemlos in 140 Zeichen erklären lässt.

Gleichzeitig stellt das irgendwie auch einen schönen Benchmark für den Nächsten dar, der sich mit halbgaren Metriken über seine tollen Social-Media-Erfolge freut.

Ich seh es direkt vor mir:
"Wir haben 10000 Follower auf Twitter!" - "Ein leerer Sitz hat doppelt so viele."

Man mag einwenden, dass das kein sinniger Vergleichswert ist, kein Benchmark, um Erfolge zu messen. Das aber sind oberflächliche Metriken als Erfolgszahlen auch nicht - die Zahl der Fans oder Follower stellt kein hinreichendes Kriterium dar.

Daher hätte es für mich durchaus Charme, Leute, die mir mit sinnlosen Benchmarks kommen, meinerseits in leeren Stühlen zu messen.

Für Klickzahlen-Jünger haben wir dank AdAge ja bereits als Benchmark die Click-Through Rate von komplett aus Weißraum bestehenden Anzeigen, Video Views für Clips, die Farbe beim Trocknen zeigen, gibt es auch. 

In dieser Reihe kann ein leerer Stuhl doch gut noch Platz nehmen.