Sonntag, 5. Februar 2012

Fernglas in die Zukunft: Cornings A Day Made of Glass 2

Der Kleiderschrankspiegel als Display, das komplett vernetzte Klassenzimmer und die Glasbürowand fürs Video-Conferencing: IT- und Tech-Unternehmen sind nicht die einzigen, die in professionellen Clips ihre Vorstellung davon skizzieren, wie wir in Zukunft leben werden. Auch der Glashersteller Corning wirft jetzt erneut einen Blick durchs Fernglas auf die Zukunft. Erneut, weil A Day Made Of Glass 2 – wer hätte es gedacht – die Fortsetzung von A Day Made of Glass darstellt. Ein Clip aus dem letzten Jahr, der bei YouTube durch die Decke ging, obwohl man ihn auch als hochwertig gemachten Produktpräsentationsclip verstehen konnte.

Der neue Teil vertieft den Vorgänger in doppelter Hinsicht: Er wirft zum einen einen genaueren Blick auf den Alltag der futuristischen Familie. Zum anderen legt das Unternehmen ihn in zwei Varianten vor – einer unkommentierten und einer satte 11:25 Minuten langen moderierten Fassung.


Letztere spricht mich deutlich mehr an, also nehmt euch mal die elfeinhalb Minuten. Ist spannend anzuschauen.




Bonuspunkte vor allem für die Auseinandersetzung damit, wie weit wir denn bislang schon sind. Und für die Ansätze, die Sinnhaftigkeit dahinter zu erläutern. Natürlich bleibt das Ganze ein Unternehmensclip – und an einigen Stellen merkt man deutlich, dass Corning halt im Glashaus sitzt. Anders lassen sich Vorstellungen wie "Hey, lasst uns eine meterlange Glasswand in den Park stellen" kaum erklären. Das ist sicher nicht der beste Weg, das angestrebte Ziel zu erreichen, aber natürlich der, an den ein Glashersteller denkt – die Glaswand als Display und das 3D-Ganzkörperhologramm zur Diagnose gehen in eine ähnliche Richtung.

Kombiniert man zudem die Display-Tapser, die jeder Touchscreen-Nutzer kennt, mit der üblichen Gründlichkeit von Büroreinigungen, kann man nur hoffen, dass das mit dem Mikroorganismen abtötenden, selbstreinigenden Glas gleich mitfunktioniert. Sonst würden in dieser Zukunft vermutlich die Glasreinigerhersteller zum zweitwertvollsten Industriezweig.

Aber diese Art Clip weckt Faszination, weil sie mit Möglichkeiten spielt und Ideenräume öffnet. Etwa, was die Zukunft von Lernprozessen oder unserem Alltag daheim wie im Büro angeht. Und das kann wiederum auch tatsächlich realisierbare Ideen und Konzepte ins Leben rufen. Es gibt Gründe dafür, dass sich eine Firma wie Intel 100 Futuristen leistet und diese die Rezeption von Science Fiction als Teil ihres Jobs verstehen.

Bei einigen Aspekten wird schließlich auch deutlich, dass sie nicht so ferne Zukunftsmusik darstellen, wie mancher vielleicht annimmt. Der Kleiderschrank-Spiegel als Display für Apps & Co.? Ist durchaus artverwandt mit Samsungs Smart Window, das sie auf der CES gezeigt haben.



Aus der Unternehmensperspektive kommt hinzu: So offen und wirkungsvoll kann ein Glashersteller sonst wohl kaum seine Haltung in den Dialog mit anderen Unternehmen wie Endkunden einbringen und auch sich selbst zum Gesprächsgegenstand machen. 17 Millionen Views hat die erste Fassung letztes Jahr erzielt. Kombiniert bewegen sich die beiden neuen gerade auf die Halbe-Million-Marke zu. Und das sind alles Menschen, die sich die Clips aus Interesse ansehen und denen dabei Corning als Glashersteller wie als zukunftsgerichtet denkendes Unternehmen präsentiert wird. Was ordentlich auf die Marke einzahlen und auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit erzielen sollte als eine Broschüre, welche tollen Auto- und Hausfensterscheiben ich mir bestellen kann.

Andere Branchen sind herzlich willkommen, ähnlich professionell und hochwertig zu inszenieren, wie sie sich die Zukunft vorstellen.

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