Dienstag, 28. Februar 2012

Aigner oder vom Versuch, unsinnige Facebook-Kritik zu monopolisieren

Es ist wieder soweit, Ilse Aigner zieht gegen Facebook: Neueste Idee unserer Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist eine kartellrechtliche Prüfung von Facebook. "Wenn eine so große Marktmacht aufgebaut wird, dass ich als Gewerbetreibender an einem Medium nicht mehr vorbeikomme, stellt sich irgendwann die Frage: Ist es ein Monopol?", hat sie dazu der dpa zufolge gegenüber Antenne Bayern philosophiert. Immerhin gefolgt von der Einschränkung, dass sie sich das zwar ansehen werde, für Kartellrecht aber nicht zuständig sei.

(Die dpa-Meldung gibt’s hier, hier oder hier. Weiter gegraben als das hat keiner der Qualitätskollegen. Danke dafür, aber ich hab’s bei Antenne.de auch nicht auf die Schnelle gefunden.)

Nun lässt sich dazu festhalten, dass sich unsere Verbraucher- und Landwirtschaftsministerin zwar nicht mit Kartellrecht auskennt, dafür aber wohl mit Mist. Denn bei einem Vorschlag wie diesem – kartellrechtliche Prüfung von Facebook wegen Monopols – da weiß man gar nicht, wo man mit der Kritik anfangen soll.

Vielleicht beim Marktsegment: Viel Spaß dabei, eine kartellrechtliche Bewertung des Markts für Social Networks in Deutschland vorzunehmen. Dass Facebook hier dominiert, ist fraglos richtig. Aber wie folgt daraus zu kontrollierende Marktmacht? Denn wenn sie Facebook als Medium für Gewerbetreibende versteht, was für ein Segment soll das dann sein? Display-Werbung? Von einer Präsenz in Facebook hält Gewerbetreibende ja keiner ab. (Gut, Thilo Weichert vielleicht, aber den hat Facebook nicht vor dem Bundeskartellamt zu verantworten.)

Überhaupt, Gewerbetreibende: Bei E-Commerce dominiert Facebook in Deutschland definitiv nichts, fCommerce übersetzt sich nicht nur hierzulande für die meisten Marken als Fail Commerce. (Was allerdings wohl mehr über deren Herangehensweise aussagt, wozu ich hier schon was geschrieben habe.)

Fachkritik? Aus welchem Fach?
Von überlegter, durchdachter Kritik an einem Internet-Unternehmen hat dieser Einwurf rein gar nichts. Eher vom aufgebrachten Mob, der im Fackelschein zur Burg des gefürchteten Monsters zieht. Aber gut, Heugabeln mögen unserer Landwirtschaftsministerin auch näher liegen als netz- oder wirtschaftspolitische Fachkenntnisse.

Nichtsdestotrotz, spielen wir’s mal durch, um der Erheiterung willen: Was sollte denn als Konsequenz einer kartellrechtlichen Prüfung folgen? Das offizielle Verbot, die VZ Netzwerke oder andere zu kaufen? Da würde man Zuckerberg vermutlich sogar noch diesseits des Atlantik lachen hören. Bessere Zugänglichkeit zu Facebook? Es wäre dem Network ja nur recht, wenn noch mehr Sites Facebook Connect und andere Plugins nutzen würden. Natürlich geht es der Ministerin eigentlich um die Drohkeule der behördlichen Regulierung von Facebook. Die auf diesem Wege erreichen zu wollen, scheint aber einigermaßen bizarr.

Eine Kartelluntersuchung wegen Monopolmissbrauchs muss Facebook nicht fürchten. Leider ist aber auch Ministerin Aigner vor Wettbewerbsuntersuchungen sicher. Denn trotz kräftiger Bemühungen, den Markt für unsinnige Facebook-Kritik zu beherrschen – ihre Kollegen mischen da gerne mit. Auch wenn die Ministerin ja gern jede Möglichkeit, auch sich nicht anbietende, ergreift, um in breiter Auslegung ihres Verbraucherschutzauftrags gegen Facebook zu schießen.

Das ist ja das eigentlich Erschütternde an solchen Äußerungen: Dass zu oft Beiträge zu dem, was wir jetzt mal allgemein mit Netzpolitik umschreiben wollen, auf einem inhaltlichen Niveau erfolgen, das als angemessene Reaktion nur die Wahl zwischen verärgertem Kopfschütteln oder trockenem Lachen erlaubt. Denn auch wenn von Zwängen wie etwa inhaltlicher Nachvollziehbarkeit befreite Kritik an Facebook bei Frau Aigner nichts Neues ist – sie ist damit leider nicht die Einzige.

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