Wenn künftig durch den Supermarkt irrende Gestalten nicht auf den Zettel in ihrer Hand, sondern durch ihr Smartphone auf die Regale starren, dann könnte das an IBM liegen. Deren Labs in Haifa entwickeln nämlich gerade eine Augmented Reality Mobile Shopping App. (Was habt ihr erwartet, IBM war noch nie gut darin, sich einprägsame Produktnamen auszudenken).
Loggt der Nutzer sich im Supermarkt ein und gibt Kriterien für die Produkte an, die er kaufen will, dann werden ihm die entsprechenden Artikel im Display markiert und Zusatzinformationen eingeblendet, so er durch die Smartphone-Kamera auf die Regale blickt.
Bild: Jon Simon/Feature Photo Service for IBM |
Die Möglichkeiten gehen dabei deutlich über ein "wo habt ihr schon wieder das verflixte Müsli hingestellt?" hinaus. Nutzer sollen in ihrem Profil etwa hinterlegen können, wogegen sie allergisch sind oder was sie schlicht nicht mögen. Was sie bevorzugen (über Marken und Öko-Produkte bis hin zur Verpackungsart) oder ob sie innerhalb bestimmter Preissegmente einkaufen wollen. Auch die zusätzlich eingebaute Digitaluhr unserer Zeit, Facebook Connect, steht natürlich zur Verfügung: Auf Wunsch lässt sich das Programm mit den eigenen Accounts in Sozialen Netzwerken verbinden, um Produktempfehlungen und -Bewertungen der Freunde zu sehen. Die App ist dabei an den jeweiligen Laden gebunden - dort registriert sich der Nutzer, dort checkt er ein.
Danach kann er mit dem Smartphone im Anschlag die Regale entlang spazieren und sich die Markierungen sowie Zusatzinfos, die ihm über das Kamerabild gelegt werden, ansehen. Das ist der Augmented-Reality-Teil der App. Heißt auch: Die App hat den Anspruch, Packungen korrekt zu erkennen.
Das kann den ein oder anderen Einkauf schon beschleunigen. Gerade, wenn aus unterschiedlichen Gründen die Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle spielen oder die Läden entsprechend groß sind - im Supermarkt um die Ecke verlaufen sich jetzt eher selten Leute, aber eine Navigationshilfe zwischen den sich in die Unendlichkeit erstreckenden Regalen eines Walmart könnte schon ganz nützlich sein.
Für die Märkte ist der Witz an der App, dass sie jeweils an den Laden gebunden ist. Nutzer registrieren sich, etwa mit ihren Kundenkartendaten, und ermöglichen so gutes Datensammeln - welche Produkte werden zusammen gekauft, wie sollte die Artikelverteilung im Laden überarbeitet werden, etc. Dafür freilich brauchen sie die App nur begrenzt, das können sie auch wunderbar so aus den Einkaufsdaten ableiten. Schön belegt durch diese Anekdote, dass der Supermarktkette Target vor dem Vater einer Teenagerin aus ihren Einkäufen klar war, dass sie schwanger ist. (Was glaubt ihr denn, wofür Kundenkarten da sind?) Es geht allerdings genauer und einkaufsbegleitend.
Denn spannender für die Märkte ist die Möglichkeit, den Kunden während des Einkaufs mit Marketing zu bespielen - explizit auf sein dokumentiertes wie aktuell durch die eingegebenen Suchen offenbartes Einkaufsverhalten zugeschnittene Angebote etwa, Coupons und ähnliches sowieso. In der konkreten Situation kann der Nutzer dafür sogar dankbar sein. Wenn er es nicht sowieso dafür ist, dass er nicht zwischen Regalen umherirrt auf der Suche nach den blöden Tagliatelle.
Der Witz für IBM daran ist ein ganz unkomplizierter: Damit die App entsprechende Daten aus dem System des Marktes erhält, muss auf dem IBM Smarter Commerce laufen.
Natürlich wird auch diese Anwendung - selbst wenn die Entwicklung so hinhaut, wie sich IBM das vorstellt - nicht der eine Stein der Weisen sein, der AR zum Durchbruch verhilft. Aber sie stellt einen weiteren Baustein und eine (doch irgendwo ziemlich) praktische Anwendung dar.
Zumindest so lange, bis ich im Supermarkt meinen eigenen Kiva kriege, der mir das Zeug einfach bringt.
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