Mittwoch, 28. März 2012

Werbung für wasserfestes Plastik und telefoniefähige Kameras - wie man Smartphones nicht verkauft

Die Nachzügler unter den Smartphone-Herstellern stehen ja nicht immer im Verdacht ausgesuchter Kreativität und Originalität. Das betrifft nicht nur Streitereien rund um Designs und Patente oder die Tatsache, dass sie ihre Produkte genauso benennen wie die Kondomindustrie. Das gilt auch für die Art, wie sie ihre Produkte bewerben. Panasonics neues Smartphone ist ein Vorzeige-Beispiel dafür, dass Hersteller auch daran scheitern können. 

Für das Modell Eluga schiebt Panasonic jedenfalls gerade eine große Einführungskampagne an. Es mag sogar sein, dass der Elektronikhersteller weiß, wie man ein gutes Smartphone baut. Was sie definitiv nicht wissen, ist, wie man es gut und verkaufsträchtig bewirbt. So sieht der erste Spot für das Eluga aus:

Euer bestes Kaufargument besteht darin, dass das Smartphone wasserfest ist? Das ist ein Stein auch, aber ich würde trotzdem keinen anstelle eines iPhone oder eines Samsung Galaxy erwerben wollen.

(Dass er zudem stoßfest ist, würde mich in meiner Haltung auch nicht schwanken lassen.)

Sicher sollen die Tänzer und die Inszenierung spritzige, fließende Eleganz vermitteln - Berichten zufolge scheint das Design des Eluga ja auch ganz gelungen. Tatsächlich als Botschaft lanciert wird aber nur "Hurra, wasserfest".

Wenn das deren USP darstellen soll, dann werden sie baden gehen. So groß kann die Smartphonesucht ja eigentlich nur bei wenigen sein, dass sie ihr Gerät selbst in die Badewanne und zum Tauchen mitnehmen wollen. (Mal davon abgesehen, dass es natürlich auch für diese Zwecke eigene Hüllen gibt.)

Das tolle Feature löst mithin ein Problem, das eigentlich kaum einer hat. Sollte ein Smartphone-Kunde als größte Schwierigkeit tatsächlich sehen, dass sein Gerät nicht wasserdicht ist, lässt sich ihm mit kleiner Referenz an Steve Jobs nur antworten: Dann halte es nicht ins Wasser.

Als Feature für ein Smartphone fällt das sogar noch weniger überzeugend aus als Sony Ericssons Ansatz Marke "mit unserem Handy kannst du tolle Fotos machen". So wurde für das Xperia Ray geworben:


Gewiss ist Fotografieren mit dem Smartphone eine sehr beliebte Tätigkeit - als überzeugender USP taugt das trotzdem nur begrenzt, was auch Nokia mit seinem Pureview 808 merken wird. (Das ist das Ding mit den 41 Megapixeln). Denn für die meisten Nutzer ist die Bildqualität bei Schnappschüssen nur begrenzt relevant - die häufigste Kameraquelle von Fotos auf Flickr ist das iPhone 4, noch vor Nikons D90. Und das iPhone (ab der 4er Variante) macht gute, aber nicht grandiose Bilder.

(Wie passionierte Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel allerdings bestätigen können, hat die lange Zeit grausige Tonqualität von Handylautsprechern viele Nutzer auch nicht davon abgehalten, sie als Ghettoblaster zu benutzen.)

Soll heißen: Es geht nicht um technische Features, sondern darum, was sie im Alltag bringen, wie sie Nutzer erleben. Experience statt Pixelzahl. Das ist etwas, das Apple wirklich gut verstanden hat, auch wenn die Keynotes unter Tim Cook techniklastiger ausfallen. Und Samsung macht nicht nur bei der Gerätequalität, sondern auch bei deren Vermarktung inzwischen eine gute Figur - obwohl sich das halbironisch auf Appleholiker eindreschen jetzt mal langsam abgenutzt hat und die nächste Idee fällig wäre.

Bei Produkten, die ohnehin im Verdacht stehen, Mittelklasse-Me-Too-Geräte zu sein, braucht es aber einen Ansatz, der Kunden auch überzeugt. Da helfen Gerätespezifikationen oder technische Features nicht sonderlich weiter. Wenn ausgerechnet "wasserfest" den entscheidenden Schubs geben soll, bedeutet das auch, dass sich das Handy durch nichts anderes absetzt und auszeichnet.

Der Vollständigkeit halber: Weder Siri noch das Retina-Display beim neuen iPad sind ausschließlich technische Features, sie haben auch eine Experience-Dimension. Die Features als Produktkonzept sind schon wichtig, aber sie verkaufen als Werbeargument nicht wirklich Geräte.

Auch wenn man nicht so weit gehen muss wie Apple, das Telefoniefähigkeit gelegentlich ja für ein optionales Feature bei einem Smartphone hält.



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