Mittwoch, 28. November 2012

Unzüchtige Ellenbogen Oder Facebooks Zensoren müssen dringend mal kalt duschen

Das Bild des Nerds, es hat sich gewandelt. Auch dank den Erfolgen der Internet-Unternehmer, der Gründer, der Schrauber und Bastler. Nerd ist noch nicht das neue Schwarz, aber zumindest einige Negativ-Klischees wie "So verklemmte Typen, für die Frauen unbekannte Wesen darstellen und menschliche Anatomie ein Mysterium ist" haben sich eigentlich erledigt. Denkt man. Und dann kommen Facebooks Kontrolleure an und löschen das Foto von einer Frau in der Badewanne. Weil man ihren Ellenbogen sieht. 

Ich mach' hier keine Witze, wir reden von folgendem Motiv:
Das Testbild von Theories of the Deep Understanding of Things, via DailyMail.

Der Grund für dieses Foto war ein Testlauf seitens Theories of The Deep Understanding of Things, die erkunden wollten, wie genau Facebook seine Richtlinien nimmt und was für die Kontrolleure in Blau schon zu anzüglich ist.

Und Facebooks Zensoren halten offensichtlich schon Ellenbogen für unzüchtig. Man mag ihnen empfehlen, mal wieder kalt zu duschen. Oder man könnte einen Algorithmus erstellen, ab wieviel Quadratzentimetern weiblicher Haut sie hormonelle Wallungen erleiden und darüber philosophieren, ob sie Mittags mit den Hardcore-Religionsgelehrten von gegenüber Essen gehen. Eine interessante Frage wäre auch, ob's als nächstes Add-On dann Profilbild- und Foto-Burkas gibt.


Denn die Nummer mit dem Bild stellt ja keinen Einzelfall dar. Die Cartoonisten des New Yorker hatten vor einer Weile mit Facebook Spaß, als es darum ging, welche Art von Tuscheklecks moralisch anstößig ist und welche nicht. Sie haben es sogar hilfreich für den Rest der Welt festgehalten:

New Yorker.

Um genau zu sein, handelt es sich dabei um die weiblichen (Not O.K.) und männlichen Brustwarzen eines Adam-und-Eva-Cartoons. Und weibliche Brustwarzen, das geht für Facebook gar nicht. Auch wenn's Tuschekleckse in einem Cartoon sind. Zack, wurde der New Yorker bei Facebook gesperrt. Wegen weiblichen Tuscheklecksen. (Wie gesagt, die männlichen sind O.K.)

Auch darüber kann man sich wunderbar amüsieren. Im Grunde ist es aber nicht zum Lachen. Was hier passiert, genau wie bei Apple, ist eine ideologisch begründete Beschränkung. Unternehmen wie diese zwingen ihren Nutzern eine sehr amerikanische Art von Prüderie auf.

Natürlich steht es ihnen frei, zu bestimmen, was innerhalb ihrer Mauern geschieht. Und macht euch keine Illusionen, die sind bei Facebook ähnlich undurchlässig wie bei Apple. Ein Ladenbesitzer hat freilich das Recht, selbst zu bestimmen, was er anbietet. Es beißt sich nur saftig damit, sich (wie Facebook) eine offene Plattform zu nennen. Und es muss den Besuchern des Ladens oder der Plattform bewusst sein. Sie sollten sich im klaren darüber sein, was sie durch eine Facebook-blaue oder Apple-aluminiumgebürstete Brille sehen können und was nicht. Und wie wichtig es ist, sich nicht nur in einem System zu bewegen, weil sie sonst am Schluss geschockt von Tuscheklecksen sind oder nicht wissen, was ein Ellenbogen ist.

Noch dazu, weil sich jegliche Jugendschutz-Thematiken oder persönliche Befindlichkeiten ohne große Schwierigkeiten durch Technologie lösen ließen. Das jeweilige Nutzer-Alter ist schließlich hinterlegt. Und wie bei anderen Systemen auch, wäre es kein Problem, den Nutzer konfigurieren zu lassen, was er mit sich vereinbaren kann und was nicht. Ob er filterseitig von Flucherei, Gemeinheiten oder nackter Haut geschützt werden will oder nicht. Wir reden hier ja nicht von pornografischem Material. Wir reden hier über Ellenbogen und Cartoons. Und im Fall von Apple über ein Buch mit Abbildungen von nackten Hippies. Ich habe jetzt nicht wirklich Interesse daran, mir auf dem iPad nackte Hippies anzusehen. Aber es stört mich konzeptionell gesehen, dass Cupertino meint, darüber entscheiden zu müssen. Es ließe sich technisch leicht lösen, hier die eigene Weltsicht rauszuhalten und wieder zum Plattformanbieter zu werden. Wir brauchen eigentlich keine weiteren Moralisten.

Es steht, wie gesagt, Unternehmen frei, diese Beschränkungen einzuführen. Sie sind nur irgendwas zwischen albern und unerfreulich. 

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