Mit dem US-Urteil im Patenprozess zwischen Apple
und Samsung endet die Saga der Mobile-Kriege nicht. Es beginnt nur eine weitere
Episode. Und ein kleines Intro dürfte verdeutlichen, dass es noch einen
spannenden Sub-Plot neben den wirtschaftlichen Auswirkungen gibt:
Denn das ist das Interessante neben der Erörterung, was aus dem
Urteil folgen könnte: Die harschen Reaktionen von Samsung- und Android-Freunden
auf die Entscheidung der Geschworenen führen gut vor Augen, dass auch Samsung Fanboys hat. Und
sie sind in ihrer Haltung ähnlich unverbrüchlich loyal, in ihren Urteilen
ähnlich absolut wie die von Apple.
Da wird ein Urteil in San Jose (eines in einer solchen
Lawine weltweiter Prozesse, das selbst am gleichen Gericht noch ein weiteres
Verfahren anhängig ist) zum Untergang des Abendlandes, dem Sieg des bösen Imperiums über
die Innovation, wahlweise gleich zum Sieg des Turbokapitalismus und der Geldschneider
über echte Erfinder. Selbst Godwins Gesetz findet sich mit Hitler- und
Nazivergleichen für Apple flugs umgesetzt.
Die Menschen, die sich so in Rage reden, sind nicht nur
Entwickler, Marktbegleiter oder sonstwie beruflich mit dem Feld verknüpft. Das
sind User, Kunden.
Samsung hat also nicht nur bei den Geräten abgekupfert – sie haben (mit Googles Hilfe) auch die Apple-Fanboys geklont. Und die Klonarmeen gehen lautstark aufeinander los.
Angriff der Klonkrieger
Mir geht es hier nicht um legitime, sachliche Kritik und Einordnungen der Patentkriegerei. Diese Saga hängt mir ebenfalls reichlich zum Hals raus, ich bin kein Freund nicht endenwollender Fortsetzungen. Mir geht es darum, dass die eine Seite Apple als den alles abwürgenden Antichristen und Big Brother skizziert (in einer Eloquenz, die teils aber näher an "Scheiß Apple!" heran reicht). Während aus dem anderen Schützengraben ein johlendes "Endlich kriegt das dreckige Kopistenpack, was es verdient!" schallmeit.
Samsung ist es also gelungen, auch die loyale Anhängerschaft zu klonen. Und
von Apple wissen wir nicht nur, wie nervig diese Bodentruppen sein können –
sondern auch, wie sie Unternehmen und Produkte als Evangelisten weitertragen,
hypen und gegen jeden Angriff bis auf den letzten Atemzug verteidigen. Die Samsung-Anhänger sind damit zum Spiegel ihres
Feindbilds, der Apple-Jünger, geworden.
Das spricht dafür, dass Robert Scoble und Farhad Manjoo in ihren Analysen zum US-Urteil Recht haben – auch wenn Samsung mit dem Urteil auf die Finger kriegt, hat es eigentlich gewonnen.
In Scobles
Worten:
It only cost $1 billion to become the #2 most profitable mobile company. Remember how much Microsoft paid for Skype? $8 billion. So, for 1/8th of a Skype Samsung took RIM's place and kicked HTC's behind.
Good Artists Copy, Great Artists Steal
Wir müssen nicht darüber streiten, ob
Samsung Apple kopiert hat. (Auch wenn die beiden Firmen das in quer über den
Globus verteilten Gerichtssälen tun.) Es ist offensichtlich, dass die Galaxy
Phones wie Tabs als Reaktion auf iPhone und iPad entstanden sind. Die vor
Gericht erörterte Frage besteht vielmehr darin, ob dabei Rechte von Apple
verletzt wurden, und ob Apple diese Rechte überhaupt innehaben kann – Stichwort
Rechteck mit abgerundeten Ecken.
Was sich aus Scobles und Manjoos Analyse nun ableiten lässt, ist: Freilich hat
Samsung kopiert, aber durch die Spiegelbild-Produkte wurden sie selbst zum
Spiegelbild, zum Gegenpol von Apple. Die Samsung-Produkte sind die
Spiegelwelt-Variante des iUniversums. Nahe genug dran, um Nutzer zu überzeugen,
und doch eben ohne Apfel auf dem Rücken und mit Anti-Apple-Haltung bis hin zur
Ideologie kompatibel. Kein Gegenentwurf, wohlgemerkt, sondern eine
Spiegelversion.
Auch Samsungs Werbung hat demonstriert, wie sich die Südkoreaner einerseits auf Apple als Gegner einschossen, sich andererseits aber Cupertinos Marketingkonzept, sagen wir, annäherten. (Haben die Kollegen etwa hier und hier behandelt.)
Keinem der anderen Hersteller von Android-Geräten ist dieser Spiegeltrick
auch nur annähernd ähnlich gut gelungen, Verkaufszahlen wie Image belegen das. (Was mit daran liegt, dass die Geräte in der Tat gut sind, und das auch aus sich selbst heraus.) Mit Manjoo folgt daraus: Durch das Anlehnen an Apple-Produkte wuchs Samsung zum großen
Smartphone-Player, der nicht nur Innovationsdruck auf Apple ausüben kann,
sondern jetzt auch Mittel und Marktanteil hat, um eigene Innovationen in den
Markt zu tragen. Denn das, was da vor Gericht verhandelt wurde, bezieht sich
zum großen Teil auf Geräte und Software-Fassungen, die schon überholt sind.
Das Smartphone als Teil der sozialen Identität
Was Samsung bleibt, unabhängig davon, ob das Urteil überhaupt so in Kraft tritt, ist dieses aufgebaute Standing, wirtschaftlich wie imageseitig. In der allgemeinen Wahrnehmung wurde so aus dem Mobile-Feld ein Zweikampf, ein Duopol. Auf der einen Seite Apple, auf der anderen Seite Samsung, wenn man auf Geräte blickt, Google, wenn man die Betriebssysteme als Maßstab nimmt.
Und unter Android-Anhängern ist klar, wer in dieser epischen
Schlacht der Böse ist und wer der Gute.
Dabei reden wir hier von Handys. (Ja, auch von Ökosystemen
und Geschäftsmodellen, aber das physisch Greifbare sind die Smartphones.) Doch Menschen tendieren unter bestimmten Umständen dazu, sich mit Marken und Produkten zu identifizieren. Apple und auch Samsung ist eine entsprechende emotionale Aufladung gelungen. Die Art, wie sich Smartphones im Alltag ihrer Nutzer etablieren, begünstigt das vermutlich, ist aber nicht hinreichend. (Witze über Display-Streichler kann hier bei Bedarf jeder selbst einfügen.)
Bei Apple und Samsung führt diese Aufladung zu ganz klassischen Ingroup / Outgroup-Effekten - "Wir gegen Die". "Natürlich sind wir viel besser als die, sonst wären wir nicht wir und die halt die anderen". Ein Smartphone, ein Stück Metall, Plastik und Glas als Teil der eigenen sozialen Identität. Und das wird sich durch den Konflikt nur noch weiter aufladen.
Bei Apple und Samsung führt diese Aufladung zu ganz klassischen Ingroup / Outgroup-Effekten - "Wir gegen Die". "Natürlich sind wir viel besser als die, sonst wären wir nicht wir und die halt die anderen". Ein Smartphone, ein Stück Metall, Plastik und Glas als Teil der eigenen sozialen Identität. Und das wird sich durch den Konflikt nur noch weiter aufladen.
Denn imageseitig baut sich die Geschichte zum epischen Duell auf
wie zwischen Coca-Cola und Pepsi, zwischen McDonald’s und Burger King. Derartig
dichotome Epen sind vor allem für eine Gruppe schlecht: Die
Drittparteien, die eigentlich auch noch mitspielen.
Das gilt auch hier: Ich kenne beispielsweise keine
Windows-Phone-Fanboys. Und die Anhänger von HTC oder Sony Ericsson sind in der epischen Schlacht, in der die Android-Allianz den iTodesstern
sprengen will, vermutlich diejenigen X-Wing-Piloten, die sang- und klanglos
draufgehen.
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