Montag, 23. Dezember 2013

Samsung zieht geistig blank Oder Frauen aufreißen mit der Smartwatch Gear

Eine Frage, die bei neuen Gadgets - etwa Smartwatches - gerne aufkommt, ist: Und wofür ist das gut? Der neue Spot, mit dem Samsung Mobile für seine Smartwatch Gear wirbt, zeigt: Sie wissen's auch nicht. Anders kann man sich "Are You Geared Up?" eigentlich nicht erklären. Denn das Argument, wofür man eine Smartwatch braucht, lässt sich hier zusammenfassen mit "Um Frauen zu beeindrucken."

Ich warte jetzt mal einen Moment, bis ihr aufgehört habt, zu lachen.

Bei Samsungs Marketingabteilung sind offenbar ein paar Zahnräder locker. Bild: Screenshot.

In diesem Spot gibt der klobige Kasten am Handgelenk ernsthaft den Eisbrecher, Date-Doktor und Cyrano de Bergerac. (Sperrig genug dafür wäre Gear ja.) Denn jegliche Funktion führt der Skifuzzi-Geek im Clip nur vor, um das Mädel zu beeindrucken. Während der andere Nerd - zur besseren Identifikation darf der die Strick-Bendelmütze nicht abnehmen - mit seinem sperrigen Smartphone möglichst komplett versagt. Und die Dame pflichtschuldig beeindruckt und charmiert dreinschaut.

Aber schaut euch das Desaster selbst an:




Das ist echt peinlich. Hauptsächlich für die Agentur und die Marketing-Verantwortlichen bei Samsung Mobile. Nicht nur, weil in dem Clip mehr Klischees als Schnee zu sehen sind. Sondern weil man sich wirklich fragen muss, was das über das Zielgruppenbild und das eigene Vertrauen ins Produkt aussagt.

Ich stimme ja zu, dass sich im wesentlichen Gadgetfreaks und Nerds für Smartwatches interessieren werden. (Unter denen gibt's übrigens auch Frauen, wenngleich sie deutlich in der Minderheit sein dürften.) Es ist aber reichlich hanebüchen, ihnen als Motivation zu unterstellen, dass sie damit Eindruck beim anderen Geschlecht schinden wollen. Oder dass man ihnen verkaufen könnte, dass das funktionieren würde.

Diese Bewegtbild gewordene Klischeelawine stellt insofern eine Rundum-Publikums-Beleidigung dar. Für Nerds, Technophile, Männer, Frauen (die hier nur als pflichtschuldig beeindrucktes Blondchen vorkommen) und den gesunden Menschenverstand.

Klar gibt es die alte Marketing-Binse "Sex sells" und ihre Ableitungen. Wenn dem Marketing zu einem nicht aufs Zwischenmenschliche ausgerichteten Produkt aber kein anderes Verkaufsargument einfällt als "kommt beim anderen Geschlecht gut an", dann stellt das ein ziemliches Armutszeugnis dar. Schon allein aufgrund der Austauschbarkeit.

"Hey, ich kann mit der Smartwatch direkt Nummern einspeichern und direkt über mein Handgelenk telefonieren, das kommt bei Frauen sicher gut an" gibt ungefähr so viel Sinn wie "hey, die sich selbst in der Kurve ausrichtenden Autoscheinwerfer oder der Bremsassistent kommen bei Frauen gut an." Mal davon abgesehen, dass Frauen so in der Zielgruppe gleich mal eigentlich nicht vorkommen.

Das ist die nur noch etwas kreativer abgetarnte Variante von "hey, lasst uns mit Brüsten werben". Denn aus dem Produkt selbst lässt sich ja offenbar keine interessante Geschichte drehen. Beleidigend ist das für alle. Nicht nur für Frauen, die dann als Eye-Catcher und Objekt herhalten müssen, sondern auch gegenüber der männlichen Zielgruppe, über die man so aussagt, dass es ja nicht mehr braucht, um sie rumzukriegen.

Tatsächlich blank ziehen dabei aber bloß - das Unternehmen und die Agentur.

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