Vor einigen Jahren war der Autor Warren Ellis ziemlich frustriert. Weil er sich bei seinen Science-Fiction-Geschichten ständig damit konfrontiert sah, dass er Sachen erfand, die ein halbes Jahr später Realität wurden. (Das ist einer der Gründe, warum er inzwischen Krimis über irre Killer schreibt, die von indianischen Jagdgründen halluzinierend durch Manhattan streifen, wenn auch nicht der einzige.)
Gute Science Fiction extrapoliert, zeigt Entwicklungen auf und prognostiziert. Was später zu "das ist wie bei X"-Situationen führt. Rund um die NSA-Skandale etwa wurde Orwells 1984 eifrig bemüht. Und die Meldung, über die ich vor kurzem gestolpert bin, gibt Intels Chief Futurist Brian David Johnson damit recht, als Teil seines Jobs Bücher von Charles Stross zu lesen.
In Stross' Science-Fiction-Roman Halting State aus dem Jahr 2007 gehört die Verschmelzung mit Augmented Reality im Alltag ganz fest zum Szenario. Jeder Polizist läuft mit einer Datenbrille herum, die ihm oder ihr Informationen über Fälle und Verdächtige liefert, Navigationsmarkierungen setzt, bei Bedarf Kameraaufzeichnungen anfertigt und es erlaubt, den Schreibtischkram im Starbucks zu erledigen.
Und heute?
Heute testet das New Yorker Police Department Google Glass. Genau wie das Byron Police Department. Und die Polizei von San Francisco denkt mit Interesse darüber nach. Das SFPD ist überhaupt ein schönes Beispiel, weil es das Nutzungsszenario vom Umstieg von Smartphone auf Datenbrille darstellen würde. Momentan verwenden die Cops nämlich Samsungs S4:
Es fällt nicht schwer, hier zu sehen, wie eine Datenbrille genutzt werden könnte. Und Kameras am Körper zur Beweissicherung sind bei vielen Polizeibehörden ohnehin nichts Neues. (Stross war im übrigen natürlich nicht der erste, der auf die Datenbrillenidee kam. Aber es hat sich selten jemand so tief mit der Verflechtung der Grundidee in die gesellschaftliche Realität, die daraus folgt, auseinander gesetzt.)
Von Halting State ist das nicht so weit entfernt - auch wenn es mit Google Glass nicht eintreten wird. Glass ist kein Lifelogging Device, also nichts, dass automatisch das komplette Leben des Nutzers aufzeichnet. Das würde schon der Akku nicht im geringsten leisten. Und Google will Gesichtserkennung von Glass möglichst weghalten. Nicht ganz erfolgreich, wie NameTag zeigt. Technisch lösbar wäre es aber.
Das klingt schon ein wenig nach RoboCop, nicht?
Und das ist kein Zufall. Wer sich ein paar Kritiken zum Remake des Science-Fiction-Films angesehen hat, dem ist vielleicht ein Grundton aufgefallen: Dass ein Szenario über einen Mensch-Maschine-Cop, Roboterarmeen und Drohnen irgendwie nicht so weit weg von uns wirkt, wie es mal der Fall war. Die Zukunft ist uns näher gerückt, könnte man sagen.
Und Glass ist ein Anfang, entscheidender werden die Geräte-Iterationen danach sein - von Google und anderen.
Der Weg zum Lifelogging ist nicht so weit. Es muss noch nicht mal die Dauerüberwachung sein. Neurowear schraubt gerade an einem System, das an den Hirnwellen abliest, ob etwas unser emotionales Interesse weckt. Ist das der Fall, wird ein kurzer Clip gefilmt, der sich danach via Social Media teilen lässt.
Gute Science Fiction extrapoliert, zeigt Entwicklungen auf und prognostiziert. Was später zu "das ist wie bei X"-Situationen führt. Rund um die NSA-Skandale etwa wurde Orwells 1984 eifrig bemüht. Und die Meldung, über die ich vor kurzem gestolpert bin, gibt Intels Chief Futurist Brian David Johnson damit recht, als Teil seines Jobs Bücher von Charles Stross zu lesen.
Googles Datenbrille Glass - ein Stück wahr gewordene Science Fiction. |
In Stross' Science-Fiction-Roman Halting State aus dem Jahr 2007 gehört die Verschmelzung mit Augmented Reality im Alltag ganz fest zum Szenario. Jeder Polizist läuft mit einer Datenbrille herum, die ihm oder ihr Informationen über Fälle und Verdächtige liefert, Navigationsmarkierungen setzt, bei Bedarf Kameraaufzeichnungen anfertigt und es erlaubt, den Schreibtischkram im Starbucks zu erledigen.
Und heute?
Heute testet das New Yorker Police Department Google Glass. Genau wie das Byron Police Department. Und die Polizei von San Francisco denkt mit Interesse darüber nach. Das SFPD ist überhaupt ein schönes Beispiel, weil es das Nutzungsszenario vom Umstieg von Smartphone auf Datenbrille darstellen würde. Momentan verwenden die Cops nämlich Samsungs S4:
"The San Francisco department currently deploys Samsung S4 smartphones for cops working the street. Merritt says the S4 has become an integral tool because it enables officers to access the department’s criminal database to run warrant checks and pull up mugshots of wanted suspects in real time."
Es fällt nicht schwer, hier zu sehen, wie eine Datenbrille genutzt werden könnte. Und Kameras am Körper zur Beweissicherung sind bei vielen Polizeibehörden ohnehin nichts Neues. (Stross war im übrigen natürlich nicht der erste, der auf die Datenbrillenidee kam. Aber es hat sich selten jemand so tief mit der Verflechtung der Grundidee in die gesellschaftliche Realität, die daraus folgt, auseinander gesetzt.)
Von Halting State ist das nicht so weit entfernt - auch wenn es mit Google Glass nicht eintreten wird. Glass ist kein Lifelogging Device, also nichts, dass automatisch das komplette Leben des Nutzers aufzeichnet. Das würde schon der Akku nicht im geringsten leisten. Und Google will Gesichtserkennung von Glass möglichst weghalten. Nicht ganz erfolgreich, wie NameTag zeigt. Technisch lösbar wäre es aber.
Das klingt schon ein wenig nach RoboCop, nicht?
Und das ist kein Zufall. Wer sich ein paar Kritiken zum Remake des Science-Fiction-Films angesehen hat, dem ist vielleicht ein Grundton aufgefallen: Dass ein Szenario über einen Mensch-Maschine-Cop, Roboterarmeen und Drohnen irgendwie nicht so weit weg von uns wirkt, wie es mal der Fall war. Die Zukunft ist uns näher gerückt, könnte man sagen.
It takes two to tango
Und Glass ist ein Anfang, entscheidender werden die Geräte-Iterationen danach sein - von Google und anderen.
Der Weg zum Lifelogging ist nicht so weit. Es muss noch nicht mal die Dauerüberwachung sein. Neurowear schraubt gerade an einem System, das an den Hirnwellen abliest, ob etwas unser emotionales Interesse weckt. Ist das der Fall, wird ein kurzer Clip gefilmt, der sich danach via Social Media teilen lässt.
Eine andere potenziell interessante Entwicklung stellt Googles Projekt Tango dar - ein Handy, das den Raum um sich herum dreidimensional erfassen soll. Letzte Woche gingen die ersten Artikel dazu herum, die sich gern am Beispiel "damit können Sie vor dem Möbelkauf zuhause die Wohnung vermessen" orientierten. Das mag ein griffiges Beispiel sein, zeigt das Potenzial aber nur sehr begrenzt auf. Es geht darum, dass die Sensorik den dreidimensionalen Raum erkennt. Daran gekoppelt ließen sich alle möglichen Vorgänge triggern - Spiele sind nur ein Startszenario.
Spannend, oder? Und jetzt bitte diese Sensorik nicht in einem Smartphone, sondern einer Always-on-Brillenlösung vorstellen. (Stand jetzt nicht möglich, aber wie gesagt, es geht um die weiteren Iterationen.)
Ein Gerät, das den Raum um den Nutzer herum dreidimensional vermisst. Entfernungen und Objekte erkennen kann. Theoretisch auch Personen. Das würde die Verortung des Menschen noch weit genauer ermöglichen als jetzt GPS oder Wifi-Triangulation. Der von Google in den Raum geworfene elektronische Blindenhund ist da nur eine Einsatzmöglichkeit.
Es gab, so rund ums Jahr 2000, eine Art Sinnkrise der Science Fiction. Man könnte sie umschreiben mit "So, this is the Future. Now what?" oder "Wo ist mein verdammtes Jetpack?". Die Zukunft war da und doch irgendwie nicht. Eine Mogelpackung, eine gerade mal halb gefüllte Tüte mit Überraschungen. Bis der Groschen fiel. Und der denkenswerte Satz, dass wir letztendlich in einer Science Fiction Condition leben. Die Zukunft ist nicht verschwunden, sie ist uns stattdessen sehr auf die Pelle gerückt.
Spannend, oder? Und jetzt bitte diese Sensorik nicht in einem Smartphone, sondern einer Always-on-Brillenlösung vorstellen. (Stand jetzt nicht möglich, aber wie gesagt, es geht um die weiteren Iterationen.)
Ein Gerät, das den Raum um den Nutzer herum dreidimensional vermisst. Entfernungen und Objekte erkennen kann. Theoretisch auch Personen. Das würde die Verortung des Menschen noch weit genauer ermöglichen als jetzt GPS oder Wifi-Triangulation. Der von Google in den Raum geworfene elektronische Blindenhund ist da nur eine Einsatzmöglichkeit.
Es gab, so rund ums Jahr 2000, eine Art Sinnkrise der Science Fiction. Man könnte sie umschreiben mit "So, this is the Future. Now what?" oder "Wo ist mein verdammtes Jetpack?". Die Zukunft war da und doch irgendwie nicht. Eine Mogelpackung, eine gerade mal halb gefüllte Tüte mit Überraschungen. Bis der Groschen fiel. Und der denkenswerte Satz, dass wir letztendlich in einer Science Fiction Condition leben. Die Zukunft ist nicht verschwunden, sie ist uns stattdessen sehr auf die Pelle gerückt.
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