Montag, 31. Dezember 2012

Facebooks Open Graph und die Medien Revisited: Vom Wert von Experimenten und der Gefahr fremdkontrollierter Offenheit

Ein kleiner Rückblick, ein kleines Fazit, passend zum Jahresende und zur anhaltenden Diskussion über die Zukunft der Medien respektive scheiternde Projekte. Es ist etwas mehr als ein Jahr her, dass Facebook die Open-Graph-Apps von Medienpartnern vorgestellt hat. Der Guardian, die Washington Post und Yahoo traten an, um Nutzern innerhalb Facebooks Artikel zu präsentieren und deren Freunde bestenfalls automatisch wissen zu lassen, was sie so lesen.

Der Social Reader der Washington Post.

Der Gedanke dahinter war die Traffic-Steigerung, das Erschließen neuer Zielgruppen über das frictionless sharing (also das automatisierte Teilen) mit den jeweiligen Facebook-Freunden. Und für Facebook war der Witz daran, noch mehr Inhalte aus dem freien Netz in die blaue Facebook-Welt zu verlagern, so noch mehr Verweildauer und mehr Datensammelei zu ermöglichen. (Mein Post zu Chancen und Risiken dieses Konzepts stammt aus dem Dezember 2011.)

Und jetzt?
 
Haben der Guardian und die Washington Post ihre entsprechenden Social-Reader-Apps faktisch abgeklemmt, beide existieren zwar noch, linken aber sofort aus Facebook hinaus. Von Yahoo und vom Stern (der hatte seine App im März vorgestellt) gibt es ähnliche Neuigkeiten nicht, beide haben aber in den letzten Monaten zu dem Thema ohnehin geschwiegen. Jubelmeldungen und Erfolge gab es also wohl nicht zu verkünden.

Ist das ein Scheitern? Der nächste Fall, in dem die "alten" Medien ihre digitalen Gehversuche verstolpern und von vornherein eine blöde Idee gewesen? 

So simpel ist es nicht.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Maschinenethik - Wer entscheidet, wen mein selbstfahrendes Auto überfährt?

Mit den Fortschritten, die Robotik und Automatisierungssysteme machen, zeichnet sich nicht nur perspektivisch ab, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft manches Sci-Fi-Element als Alltag erleben. Es tauchen auch ein paar Fragen auf, die eigentlich sehr alte Debatten fortführen, die wir aber noch nicht wirklich gelöst haben.

Etwa: Wie definieren, modellieren und programmieren wir ethisches Verhalten? Wie verändern und verschieben sich Verantwortlichkeiten durch Automatisierung?

Um es plastischer darzustellen: Wer ist eigentlich schuld, wenn mein selbstfahrendes Auto jemanden überfährt? Ich als Fahrer bin ja eben das nicht mehr, sondern Passagier statt Akteur. Eine Ecke weiter gedacht: Wie entscheidet das Auto in einer Situation, in der - durch äußere Umstände bedingt - auf jeden Fall jemand zu Schaden kommt? Wenn es sich in einem Szenario befindet, in dem eine sichere, niemanden gefährdende Lösung ausgeschlossen ist, etwa weil rechtzeitiges Halten nicht mehr gelingen kann - fährt es dann die Fußgänger vor sich um oder rammt es den entgegenkommenden Laster? 

Rammt es den gern als Klischee bemühten Schulbus voller Kinder oder schanzt es sich samt Fahrer gegen einen Brückenpfeiler?

Bild: Flckr user jurvetson (Steve Jurvetson). Trimmed and retouched with PS9 by Mariordo // Wikimedia Commons.

Was hier abstrakt klingt, ist dank Google & Co. gar nicht so weit weg. Der Suchmaschinenriese testet seine selbstfahrenden Autos schließlich seit einiger Zeit erfolgreich. Um genau zu sein, haben sie schon vor einer ganzen Weile 300.000 unfallfreie Meilen zurückgelegt, besser als der durchschnittliche US-Autofahrer. Natürlich fahren die Autos momentan noch unter Aufsicht, für die jeweiligen Streckenabschnitte wird die Software optimiert und sie sind mit Sensorik unterwegs, die schon allein mehr als ein Mittelklassewagen kostet.

Auf dem langen Weg, den sie noch vor sich haben, bis sie tatsächlich reif für Straßenzulassungen ohne Experiment-Charakter sind, müssen aber neben technischen Dingen in der Tat noch ein paar interessante Fragen geklärt werden. Im Folgenden also ein paar lockere Überlegungen. (Hier geht es mir eher um das Erkennen der Fragen als das Finden von Antworten.)

Samstag, 15. Dezember 2012

Die NASA und der Weltuntergang oder Wie man geduldig mit Fantasten redet

Eigentlich ist es ja schlüssig, dass sich die NASA den Weltuntergangsjüngern widmet. Schließlich hat die Weltraumbehörde Erfahrung mit Verschwörungstheorien (Mondlandung, Challenger, Satelliten). Und diejenigen, die fest davon ausgehen, dass uns am 21.12.12 der Y2K-Bug der Maya erwischt, greifen in ihren Fantastereien ja auch gern auf Astro-Phänomene zurück. 

Trotzdem ist es ebenso unterhaltsam wie vom kommunikativen Ansatz her lehrreich, was die NASA sich zu diesem Thema ausgedacht hat. Das Science@NASA-Team hat ein eigentlich für den 22.12. gedachtes Video jetzt schon live gestellt, in dem sie erklären, warum die Erde nicht untergegangen ist.

Der Clip "Why The World Didn't End Yesterday" beginnt schon mit dem schönen Satz: 
"December 22 2012. If you’re watching this video, it means one thing: The world didn’t end yesterday." 

Der freundlich-sachliche Tonfall, in dem die Weltraumbehörde dann vier Minuten lang erklärt, warum die Welt nicht untergegangen ist, hat was. Besonders bei Sätzen wie:

"NASA-Experten haben sich letztens in einem Google-Hangout versammelt, um ihre Erkenntnisse durchzugehen. Es gibt keine Meteoriten, die auf die Erde zufliegen, keine neuen Planeten auf Kollisionskurs oder ähnliches. Geht raus und schaut in den Himmel – ihr müsstet sie schon sehen können."
Oder auch:
"Die Sonne ist ebenfalls keine Bedrohung. Sonnenstürme gibt es seit Milliarden von Jahren. Sie haben noch nicht ein Mal die Erde vernichtet."
Seht selbst.



Das Faszinierende dabei ist die freundliche Geduld, mit der die NASA das erklärt. Nicht ein einziges Mal schleicht sich der eigentlich obligatorische sarkastische Tonfall in die Erklärung ein. Statt dessen erklären sie mit wissenschaftlichem Ernst, warum es völliger Schwachsinn ist, was ihre Aluhüte tragende Zielgruppe so denkt. Denn diese seltsamen Beispiele, die das Video abhakt, wählen die Wissenschaftler nicht ohne Grund: Die Nummer mit dem Planeten (Stichwort Nibiru) oder der Sonnenaktivität gehören zu den populärsten Ansätzen unter denjenigen, die die Vernichtung der Welt erwarten, weil der Maya-Kalender einen Zyklus der Langen Zählung beendet.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Querverweis - "Nur nicht den Schlagbaum ins Gesicht knallen"

Ich fand es ja durchaus unterhaltsam, als zum Start des Bezahlmodells auf Welt.de einige gestern geradezu verbissen versuchten zu zeigen, wie löchrig diese Bezahlschranke sei. Denn Axel Springer wollte da überhaupt keine undurchdringliche Mauer aufbauen.

Für mich war es in meinem Kommentar drüben bei W&V Online auch interessanter, sich mit dem Konzept des sanften Einhegens der Nutzer auseinander zu setzen als mit der Technik.


Kommentar: Nur nicht den Schlagbaum ins Gesicht knallen

"Nach monatelangem Werkeln ist es nun soweit: Die Welt wagt sich als Axel Springers Speerspitze der überregionalen Paid-Content-Konzepte voran und gestaltet ihren Onlineauftritt kostenpflichtig. Es ist ein sanftes Absenken der Bezahlschranke. Ein Wort, das Mathias Döpfner ohnehin vermeiden und stattdessen lieber von Abomodellen reden will. Zu Recht. Gerade in unserem Branchenfeld sollten wir um die Macht von Worten wissen, die Konnotation des Schrankenbegriffs ist klar. Der Copy-Preis heißt ja auch nicht Leseschranke."

Demnächst kommen auch wieder längere Stücke hier. Sobald die Zeit dazu da und der vorweihnachtliche Termintrubel überstanden ist. 

Sonntag, 2. Dezember 2012

Querverweis - "Google, die Verlage und die Halbwahrheiten"

Zum Start von Googles Anti-LSR-Kampagne habe vergangene Woche auch ich einen Kommentar geschrieben. Auf W&V Online geht es um Google, die Verlage und den Kampf der Halbwahrheiten

"Verteidige Dein Netz": Im Streit um ein Leistungsschutzrecht (LSR) geht Google jetzt selbst in die Kommunikationsoffensive, startet eine breit angelegte Kampagne, um die Internetnutzer gegen das Gesetzesvorhaben zu aktivieren. Und erzählt dabei genauso viele Halbwahrheiten, Grobkörnigkeiten und schlichtweg Unzutreffendes wie vorher die Verlage."

Nach dem, was ich seit diesem Zeitpunkt von einigen schon wieder an Unfug lesen musste, lässt sich das "vorher" getrost streichen. Denn die Schlammschlacht ging so weiter. Und wir müssen das Schmierentheater wohl auch noch eine Weile ertragen.

Dabei ist es bei weitem nicht so, dass Google und die Verlage die einzigen wären, die bei diesem Thema Halbwahrheiten, Polemik und Unzutreffendes für sich gepachtet hätten. Nach Durchsicht des Bundestagsprotokolls zur LSR-Lesung am vergangenen Donnerstag möchte ich bitte vor der Leistung dieser Politiker geschützt werden. Was sich auf alle Fraktionen bezieht. Der Wahnwitz beginnt auf Seite 187. Und Herr Heveling (ja, von dem kennen wir das schon) kann sich nur deshalb klar an der Spitze des Unfug-Rankings platzieren, weil er den größten Teil seiner Redezeit über Finanzmärkte gesprochen hat.



Verwandte Artikel:
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Leistungspflicht statt Leistungsschutzrecht: Was Verlage eigentlich tun sollten
Leistungsschutzrecht: Nicht Füllhorn für Verlage, sondern Büchse der Pandora
Festschrift zum Relaunch, garantierte Lesefreiheit trotz LSR: Wie sich Medien im Netz verheddern
Ein paar Gedanken zum Leistungsschutzrecht

Freitag, 30. November 2012

Microsofts Saugfähigkeit und der gelungene Kampagnenansatz rund um BrowserYouLovedToHate

Zu sagen, dass Microsofts Browser Internet Explorer ein Imageproblem hat, wäre untertrieben. Redmond hat schon eine Weile das Problem, dass die alte Übermacht im Browser-Markt von Firefox, Chrome & Co. untergraben wurde und da draußen User sind, die sich eher die Maushand abhacken als einen Internet Explorer installieren würden. 

Wie bei vielen Microsoft-Produkten gilt: Sie sind verbreitet, aber nicht beliebt. Und bei Browsern gab es gute, nein, sogar schlicht bessere Alternativen.

Was Microsoft jetzt aber mit der Kampagne rund um BrowserYouLovedToHate macht, ist wirklich ziemlich gut. Im neusten Spot geht es um einen klassischen Troll, der aus seinem Wohnkeller gegen den Internet Explorer 10 stänkert. Und unermüdlich im Namen der Menschheit (eher seiner eigenen Verbohrtheit, aber das mag aus seiner Perspektive anders aussehen) Negativ-Kommentare quer durch's Netz spammt. Bis, ja bis...




Das ist clever und witzig. Microsoft nimmt die Trolle auf die Schippe, stellt sich aber gleichzeitig auch der Erkenntnis, dass der IE bei vielen ungefähr so beliebt ist wie Steuerprüfer. Und dass es ein hartes Stück Arbeit darstellt, sich aus diesem Image-Loch rauszugraben.

Mittwoch, 28. November 2012

Unzüchtige Ellenbogen Oder Facebooks Zensoren müssen dringend mal kalt duschen

Das Bild des Nerds, es hat sich gewandelt. Auch dank den Erfolgen der Internet-Unternehmer, der Gründer, der Schrauber und Bastler. Nerd ist noch nicht das neue Schwarz, aber zumindest einige Negativ-Klischees wie "So verklemmte Typen, für die Frauen unbekannte Wesen darstellen und menschliche Anatomie ein Mysterium ist" haben sich eigentlich erledigt. Denkt man. Und dann kommen Facebooks Kontrolleure an und löschen das Foto von einer Frau in der Badewanne. Weil man ihren Ellenbogen sieht. 

Ich mach' hier keine Witze, wir reden von folgendem Motiv:
Das Testbild von Theories of the Deep Understanding of Things, via DailyMail.

Der Grund für dieses Foto war ein Testlauf seitens Theories of The Deep Understanding of Things, die erkunden wollten, wie genau Facebook seine Richtlinien nimmt und was für die Kontrolleure in Blau schon zu anzüglich ist.

Und Facebooks Zensoren halten offensichtlich schon Ellenbogen für unzüchtig. Man mag ihnen empfehlen, mal wieder kalt zu duschen. Oder man könnte einen Algorithmus erstellen, ab wieviel Quadratzentimetern weiblicher Haut sie hormonelle Wallungen erleiden und darüber philosophieren, ob sie Mittags mit den Hardcore-Religionsgelehrten von gegenüber Essen gehen. Eine interessante Frage wäre auch, ob's als nächstes Add-On dann Profilbild- und Foto-Burkas gibt.

Donnerstag, 22. November 2012

Netzespresso: Der Soundtrack zur Fehlkommunikation

Was bei der Beschäftigung mit dem Internet und Medien, auch Kommunikationsformen generell immer wieder mal auffällt, ist das Auftreten von Fehlkommunikation, von Missverständnissen. Gerade durch Beschleunigung, Kanalreduktion oder geringere Verarbeitungstiefe kann deren Wahrscheinlichkeit steigen.

("Wie hat er das jetzt gemeint?")

Daher als Netzespresso für zwischendurch gewissermaßen den Soundtrack zur Fehlkommunikation: cdzas "History of Misheard Lyrics". Ein Medley von Liedtextverhörern.




Gewerkelt hat diesen Clip das professionelle Musiker-Kollektiv cdza. cdza widmet sich musikalischen Video-Experimenten, die dann webseitig vermarktet werden. Die bunte Truppe ist inzwischen beim 13. Clip angekommen und hat da schon einige sehenswerte Sachen abgeliefert. Das Thema als solches ist auch dadurch nullen-und-einsig, dass derartige Liedtextverhörer (Das Englische hat mit Mondegreen sogar einen eigenen Begriff dafür) durch das Internet zunehmen. Mehr dazu findet sich bei The Atlantic.

Sonntag, 18. November 2012

This is London - ein digitaler Reisebericht

Das hier wird jetzt etwas untypisch für Von Nullen und Einsen. Es ist eine kleine Fingerübung, ein begleitender Reisebericht meines London-Ausflugs. Ich bin beim besten Willen kein Reiseblogger, aber ich fand es als Testlauf interessant.


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Willkommen im digitalen London. Die Zugfahrt vom Flughafen in die Stadt begleitet einer von drei eigens für die Strecke geschaffenen Musik-Tracks. Der Espressivo-Remix von The Milk, angelegt auf die halbstündige Fahrzeit, vom Smartphone als Soundtrack zur vorbeiziehenden englischen Landschaft auf die Ohren geliefert. Einen der Tracks gibt es kostenlos dazu, wenn man die Express-Tickets online bucht. 

Ein Konzept, das bei der Deutschen Bahn kaum vorstellbar ist. Zu London wiederum passt es. Eine Stadt, die weitaus vernetzter und digitaler ist als ihre deutschen Vettern. So ziemlich zu allem lassen sich hier online Tickets bestellen. Und das ist kein "wir müssen’s halt auch anbieten", sondern der explizit empfohlene, meist mindestens zehn Prozent günstigere Weg.

Als Nahverkehrs-Ticket gibt es die elektronische Oyster-Card, mit der man bei Fahrten nur ein- und auschecken muss. Das sinnvollste Ticket wird dann automatisch abgerechnet. Kein Kartengefriemel, kein Aufwand. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Und ist hier völlig normal. Die Vernetzung gehört zu Londons Alltag. Davon kann Deutschland sich noch einige dicke Scheiben abschneiden.


Das waren die Anstöße zu diesem Versuch – einem digitalen Reisebericht, bestehend aus Notizfragmenten, die ich während der Reise festhalte. Denn diese Form scheint passend zu London wie auch zu der Art, wie wir uns auf Reisen begeben. Wir recherchieren und buchen online. Kaufen Tickets vorab. Vor der Abreise habe ich mein Smartphone mit London-Apps bestückt, Offline-Kartenmaterial heruntergeladen, eine eigene Spotify-Playlist erstellt. (Meinen London-Soundtrack gibt es hier.)

Freitag, 16. November 2012

Googles AR-Projekt Ingress - Die ganze Welt ist ein Spiel

Google geht jetzt auch unter die Anbieter von Mobile Games. Und nach dem ersten Eindruck ist Ingress  mehr als nur ein kleines Spielchen. Denn was die hauseigenen Niantic Labs da gezaubert haben, will ein weltumspannendes AR-Game werden - hier für Alternate Reality, auch wenn Augmented Reality Teil des Ganzen ist. Der Globus als Spielball für zwei Fraktionen, die in der physischen Welt an bestimmten Orten mit dem Smartphone Missionen zu erfüllen haben. Eine fiktive Spielwelt, die der realen virtuell übergestülpt wird. 

So sieht der Trailer dazu aus:


In der Praxis bedeutet dass: Grundlage von Ingress ist eine Storyline, der zufolge transdimensionale Intelligenzen (schaut mich nicht so an, das ist Niantics Wortwahl, nicht meine) die Erde mit extraterrestrischer Energie fluten und an bestimmten Stellen Portalschnittstellen schaffen wollen. Spieler sind entweder dafür, den sogenannten Shapern dabei zu helfen oder sie aufzuhalten - spielen vulgo entweder aufseiten der Enlightened oder der Resistance.

Montag, 12. November 2012

Querverweis - "Facebooks Neusprech: Worte, die ihr nicht verwenden werdet"

Das hier mal als Querverweis: Drüben bei W&V Online habe ich was über die doppelplusungute Kommunikationskultur des Unternehmens Facebook geschrieben. Und warum sie an George Orwells Dystopie 1984 erinnert.

"Kritiker, die Facebook mit einem Überwachungsapparat vergleichen, erhalten neue Munition: Denn das soziale Netzwerk will nicht nur möglichst alles von uns wissen. Zumindest bei Entwicklern will Facebook auch bestimmen, wie sie kommunizieren, was sie sagen und was nicht."

Ich rede hier davon, dass die "Developer PR Guidelines" den Entwicklern vorschreiben, welche Begriffe und Formulierungen sie in Pressemitteilungen zu Integrationen und Apps verwenden dürfen und welche nicht. Und was für eine Geisteshaltung dahinter steht.
  
Hier geht's weiter mit "Facebooks Neusprech: Worte, die ihr nicht verwenden werdet".

Im weiteren Verlauf fallen dann auch Begriffe wie Big Brother, Ministerium für Wahrheit oder Gedankenpolizei.

Sonntag, 4. November 2012

Miriam Meckel und die magische Glastür - Unsere Faulheit ist schuld, nicht Google

Miriam Meckel, ihres Zeichens geschätzte Kommunikationsmanagement-Professorin, misstraut Google, Facebook & Co. Das stellt keine neue Erkenntnis dar. Bis zu diesem SZ-Artikel wußte ich aber nicht, dass sie auch automatischen Glastüren misstraut.

Denn das ist ihr Eingangs- wie Schlussbild in dem Text, der online "Wo im Internet die Freiheit endet" heißt und in Print "Links. Rechts. Halt. Zurück."


Die tut nichts, die geht nur auf. // Bildquelle: Mannie104, Used under CC-BY-SA.

Anschleichen will sie sich an Glastüren, ohne dass sie sich öffnen. Die Automatik überlisten. Wie eine Buchfigur von Roberto Bolano. Um zu beweisen, dass offene Türen nicht gottgegeben sind und um die Hand auf das trennende Glas zu legen. Den Sieg über die magische Technologie erringen.

Die Tür, die sich ohne unser direktes Zutun öffnet und schließt, ist ihr Bild für ihre Kritik an Google, Facebook und Apple, die uns Nutzern durch ihr Verhalten Freiheit nehmen würden. Denn im Netz gäbe es ja im Urzustand alles für jeden, immer und überall, vor allem viel Grenzenlosigkeit. Das ist ein Mythos und Unfug, aber dazu komme ich später.

Dienstag, 30. Oktober 2012

Click-Clack the Rattlebag: Neil Gaiman verschenkt digitalen Halloween-Grusel

In der Halloween-Woche (oder auch ganz unabhängig davon) noch eine Gruselgeschichte gefällig? Autor Neil Gaiman und die Amazon-Tochter Audible bieten noch bis einschließlich des 31.10. (also Hallowe’en) als Charity-Aktion die Audiofassung von Click-Clack the Rattlebag als kostenlosen Download an. Eine Kurzgeschichte, die Gaiman geschrieben und für die Audiofassung auch vorgelesen hat.

Bild: Marion Gonnermann  / pixelio.de


(Gaiman, wem der Name nichts sagt, ist ein britischstämmiger Autor fantastischer Geschichten, was sowohl als Wertung wie auch als Deskription zu verstehen ist. Er schreibt nicht Fantasy im Sinn von Trollen und Elfen, sondern Geschichten voller Fantasie, Ideen und Dingen jenseits der rationalen Sphäre. Die Comicserie Sandman etwa oder Bücher wie Neverwhere, American Gods und Stardust.)

Der Anfang:

"'What kind of story would you like me to tell you?' 'Well,' he said, thoughtfully, 'I don't think it should be too scary, because then when I go up to bed, I will just be thinking about monsters the whole time. But if it isn't just a little bit scary, then I won't be interested. And you make up scary stories, don't you?'"

Mehr gibt es hier bei Audible. Auf der US- und UK-Seite geht pro Download eine Spende an festgelegte Organisationen. Wie sie das mit den deutschen Downloads handhaben, weiß ich nicht. (Wie es dazu kam, schildert Gaiman hier.) Als Audible-Accountlogin tut es auch der Amazon-Zugang, falls sich jemand davon aufgehalten fühlt.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Das Leben nach dem Tod in Social Media

Wenn wir uns damit auseinandersetzen, wie digitale Kanäle, Social Media, die ständige Vernetztheit, Smartphones und andere Schnittstellen zwischen physischem und digitalem Raum unser Leben verändern, dann gibt es verschiedene Aspekte, bei denen es hakt. Einer davon ist der Tod.

Zu einem Zeitpunkt, an dem Menschen Facebook-Profile für ihre ungeborenen Kinder anlegen, wissen wir noch immer nicht, wie wir mit dem Tod im Netz umgehen sollen, den Profilen Verblichener, dem Ausdruck von Trauer – oder auch weniger konventioneller Reaktionen. (Verallgemeinert gesprochen, versteht sich.)


Bild-Copyright: s.media  / pixelio.de


Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, und es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen. In Teilen war das gut zu besichtigen am Online-Umgang mit dem Tod von Dirk Bach. Es sind verschiedene Diskussionen um die Reaktionen entstanden. Die eine betraf die Verwendung des Like-Buttons bei Facebook als Kondolierknopf. Die andere bezog sich auf die Kommentare im Netz selbst.

(Wer an dieser Stelle aufgehört hat zu lesen, belegt mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Aspekt, auf den ich später komme: Wir wollen uns, insbesondere innerhalb gewisser Altersgruppen, mit dem Thema ohnehin nicht beschäftigen.)

Sonntag, 21. Oktober 2012

Netzespresso: Like-A-Hug - Physisches Knuddeln mit der Facebook-Jacke

Bei Social Media und sozialer Interaktion merken Kritiker ja immer wieder an, dass die physische Komponente fehle, der Austausch nur in der Ferne des digitalen Raums geschehe. Ein Projekt der Tangible Media Group des MIT Media Labs will nun die Brücke zwischen der Facebook- und der physischen Welt sein: Like-A-Hug

Dahinter verbirgt sich eine mit dem Netz verbundene Jacke, die sich aufpumpt und ihren Besitzer mal kräftig drückt, wenn jemand seine Facebook-Aktivitäten liked. (Das Aufpumpen kann man sich analog zu einer Rettungsweste vorstellen.) So lässt sich Social-Media-Flausch tatsächlich spüren. Drückt der Träger die Luft aus seiner Jacke, kann er den Like-Drücker sogar zurück knuddeln - entsprechende Jacke vorausgesetzt.



Quelle: http://www.melissakitchow.com/Like-A-Hug

Man könnte fast denken, die VZ Netzwerke waren mit ihrem "Gruscheln" einfach zu früh dran. (Das kann aber schon deshalb nicht stimmen, weil man VZ einiges vorwerfen kann, bei irgendwas zu schnell gewesen zu sein, gehört aber definitiv nicht dazu.)

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Wir Selbstdarsteller: Social Media und soziale Interaktion

Das Netz und Social Media haben in der allgemeinen gesellschaftlichen Wahrnehmung (auch der deutschen) schon einen deutlichen Weg hinter sich. Es ist gar nicht so lange her, da wurde noch darüber diskutiert, ob es denn normal oder Zeichen für psychische Abnormität sei, alles im Netz zu teilen, auf Facebook & Co. präsent zu sein. Inzwischen gibt es erste Personaler und Psychiater, die Leute für geisteskrank halten, wenn sie kein Facebook-Profil haben.

Das zeigt uns nicht nur, dass "Normalität" kein Fix-, sondern ein Fließzustand ist. Es verändert auch die Fragen, die wir stellen. Es geht nicht mehr darum, ob Web und Social Media unseren Alltag und unsere soziale Interaktion verändern. Sondern wie.

Bild: Jerzy Sawluk  / pixelio.de

Eine Veränderung, an die man nicht zwingend gleich denken würde, zeigte letztens die New York Times auf. Social Media legt Bars trocken. Zumindest die im Artikel betrachteten College-Bars. Denn das Ausgeh- und Sozialverhalten der Studenten verändert sich. Bars – und andere Treffpunkte – büßen einen Teil ihrer Marktplatzfunktion ein. Um sich auszutauschen, Pläne für den Abend zu schmieden oder mit anderen zu reden, gibt es andere Wege als das physische Treffen in der Bar.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Warum die Petition gegen das Leistungssschutzrecht gegen die Wand fährt

Gegen das (zu Recht) harsch kritisierte Leistungsschutzrecht läuft aktuell eine Petition beim Bundestag. Der ein oder andere wird das spätestens durch die hektischen Aufrufe zum Unterzeichnen seitens Digitalos in seinen Social-Media-Timelines mitbekommen haben. Denn die Petition ist weit von der Anzahl notwendiger Unterschriften entfernt. 

Aus Gründen. 

Der wesentlichste: Wäre die Petition nicht so dämlich und unnötig aggressiv formuliert, dann könnte das anders aussehen. Statt sachliche Kritik anzubringen, kotzt sie sich nämlich über die bösen Verlage aus, schwurbelt pseudojuristisch herum, erklärt ihren Gegenstand nicht verständlich.

Der blödsinnige Tonfall ist der Grund, aus dem Menschen wie ich nicht unterzeichnen. (Meine Haltung zum LSR habe ich hier, hier oder hier festgehalten.) Stammtisch-Gegröle unterschreibe ich nicht. Selbst wenn es sich gegen etwas wendet, das zu Recht kritisiert wird. Da hilft auch kein Argumentieren, dass es ja aber um die Sache gehe und die ja richtig sei. Ich setze meinen Namen nicht unter Texte, hinter denen ich nicht stehen kann.

In dieser Form leistet die Petition den LSR-Kritikern einen Bärendienst. 

Denn sie rückt diese gleich in mehrerer Hinsicht in unvorteilhaftes Licht: Sie bestätigt Klischees über fehlende Diskussionskultur im Netz durch ihre dämliche Formulierung. Sie lässt aufgrund der geringen Zahl von Unterstützern das LSR weitaus unproblematischer erscheinen, als es ist. Und sie lässt Kritik aus dem Netz als das Bellen lauter Köter erscheinen, die dann doch nicht beißen. 

Ganz nach dem Motto, dass das Zetern und Jammern für viele wieder wohlfeil war, die Bereitschaft, mitzuwirken, aber jenseits von Like-Klicks oder kurzen Kommentaren aufhört. Dass das Thema außerhalb dessen, was Netzgemeinde genannt wird, keine Sau interessiert. 

Das mag sogar mehr Körnchen Wahrheit enthalten, als einigen lieb ist. Es wird aber dem Thema absolut nicht gerecht. Und es kann auch die der Argumentation fähigen Kritiker imagetechnisch mittreffen.

Das Scheitern der Petition, es liegt nicht (wie Zeit Online philosophiert) daran, dass der Begriff Leistungsschutzrecht ja so viel positiver klinge als Netzsperren. Oder an Berührungsängsten mit der Piratenpartei und ihren Akteuren.

Es liegt an dem grottenschlechten Text der Petition.

Glückwunsch: Hätten die Verlage das inszenieren wollen, es hätte ihnen nicht besser glücken können.


Mittwoch, 3. Oktober 2012

Netzespresso: Schlaflos bei einer Million Volt - Magier David Blaine und Intels Ultrabook Experience Electrified

Trotz aller Bemühungen: So richtig elektrisiert dürfte Intel von der Marktentwicklung der Ultrabooks noch nicht sein. Bei der vom Chipgiganten mit einigem Aufwand angeschobenen (und als Warenzeichen eingetragenen) Klasse kleiner Notebooks, die sich gegen Tablets positionieren sollen, ging es in der letzten Zeit eher darum, wie sehr und warum sie hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. IHS iSuppli etwa hat seine Verkaufszahlenprognose kürzlich von 22 Millionen Stück für dieses Jahr sauber auf 10,3 Millionen halbiert.

Auch wenn klein und handlich definitiv zu den Vorzeigeaspekten der Ultrabooks gehört, für die Verkaufszahlen soll das aus Intel-Sicht sicher nicht gelten. Und so schiebt der Chipgigant im Rahmen seiner insgesamt mehr auf Kreatives und Möglichkeitsräume aufzeigenden Kampagnenkonzepte (Technologie-Enabler für Innovation, um es kurz zu fassen) unverdrossen die Reihe der Kreativ-Kollaborationen unter dem Banner The Ultrabook Experience weiter an.

Magier und Event-Showman David Blaine steht vom 5. bis 8. Oktober im Zentrum von "Electrified", einer Aktion, die in New York, in ausgewählten Städten und im Netz stattfindet. Drei Tage und drei Nächte lang lässt sich Blaine auf einer Plattform am Pier 54 von einer Million Volt beschießen. Was auch heißt: Nichts mit Schlafen, Essen oder Hinsetzen, während die Spannungsbögen der Tesla-Spulen um ihn und seinen Spezialanzug tanzen.




Sonntag, 30. September 2012

Déjà-vu mit Apfel: Apple, das iPhone 5 und der übliche Zirkus

Dieser Text hat sich nun ein wenig hingezogen. Auch musste ich den ursprünglichen Plan ändern, aber nicht ganz funktionierende Pläne und das iPhone 5, das gehört ja irgendwie zusammen. Das ursprüngliche Vorhaben, es war dieses:
Daher starte ich ein kleines Projekt: Bis zu Apples Präsentation werde ich schön alles bookmarken, was mir an Enthüllungen präsentiert wird. Und dann rechnen wir ab. Wie viel davon Schwachsinn war. Wie viel davon wir seit Jahren routiniert hören.

Denn Apple-Neuvorstellungen, sie sind ein Fest für manche Schreiberlinge. (Andere von uns nervt der Hype und die Berichterstattungsschwemme inzwischen aber so richtig.) Wie die Kaufwilligen vor dem Apple Store reihen sich die Artikel aneinander, zu vermuteten Features, Prognosen, angeblich exklusiven Geheiminfos. Dann folgen Kritiken, wirtschaftliche Einordnungen, atemlose Entrüstung über nicht Funktionierendes.

Bild: Apple.


Einer der Gründe, warum sich der Abrechnungstermin nun nach hinten verschoben hat, ist schlicht der: Der Anteil von Unfug, der nach der Apple-Präsentation geschrieben wurde, war dieses Mal sogar größer.

Mittwoch, 19. September 2012

Schweine und bittere Pillen: Was mit dem "Topless Female Trampolining World Championships"-Viral eigentlich ins Bewusstsein springen soll

Schon mal von Lars Larson gehört, dem "Mann mit dem besten Job auf der Welt"? Oder den Topless Female Trampolining World Championships, bei denen er Health & Safety Officer ist? (Ja, ebendies stellt den angesprochenen "best job in the world" dar.)

Wenn ja, dann spricht das für den Ansatz der Kampagne, die hinter dem skurrilen Clip steckt. Und wer nicht davon gehört hat und schon angewidert wegklicken will: Hiergeblieben! Das Ganze ist zwar vielleicht sexistisch, aber nicht auf die Art, wie der Titel Topless Female Trampolining World Championships nahelegen würde.

Lars Larson bei der Arbeit. Quelle - YouTube-Clip.

Denn das schräge 4:44-Filmchen ist eigentlich eine verkappte Kampagne, die auf virale Wirkung schielt. Der Wettbewerb, in dem Larson zum "Man with the best Job in the World" gekürt wurde, der Doku-Clip, der ihn jetzt bei der Arbeit zeigt und über Leben und Hobbies befragt, der Oben-ohne-Trampolin-Wettbewerb, das alles ist fake. Genau wie Lars Larson. Den spielt nämlich der irische Schauspieler Chris O'Dowd (The IT Crowd).

Montag, 17. September 2012

Netzespresso: Mit Free Pants kann in Japan jetzt jeder den Bendtner machen

Findigen Marketeers gehen die Ideen dazu, wo sich noch überall Werbe- oder Sponsoringflächen finden lassen, so schnell nicht aus. In Japan etwa können Werbungtreibende jetzt dem männlichen Teil der Bevölkerung Unterhosen sponsern.

Ein Unternehmen mit dem sinnigen Namen Free Pants schickt dort Usern ab sofort nämlich sieben Gratis-Boxershorts im Monat zu. (Wir denken jetzt nicht darüber nach, wie diese Zahl kalkuliert wurde.) Dafür muss der Nutzer nur aus Portfolio angebotener Werbung wählen, die dann auf ebenjener Unterwäsche prangen wird. Und, passend zum Thema, bei der Registrierung insofern intime Einblicke gewähren, als er die üblichen marketingrelevanten persönlichen Informationen entblößen muss.

Free Pants versorgt Japaner mit Werbe-Unterhosen. Mein Japanisch reicht nicht aus, um zu verstehen, was die Dame links vermitteln will.

Mit den Werbe-Unterhosen nach Vorbild von Nicklas Bendtner auf dem Fußballfeld blankziehen ist übrigens komplett optional. Es geht Free Pants gar nicht um das Werbe-Schaulaufen vor anderen, die Werbung zielt tatsächlich auf ihren Träger. Der sieht die Anzeigen nämlich - das haben sie sich auch wieder irgendwie durchgerechnet - angeblich acht Mal am Tag. Und ist seiner Unterhose gegenüber dabei zumeist positiv disponiert. (Litfaßsäulen- und Leuchtturmwitze bei Bedarf hier einfügen.)

Na dann. Für eine Werbeidee aus Japan ist das trotzdem noch relativ harmlos.

Dienstag, 11. September 2012

Minecraft: Vom Indie-Spiel zum Städteplanen mit der UN

Das Spiel Minecraft ist ein Phänomen. Aus dem als Ein-Mann-Projekt gestarteten Blöckebau-Konzept wurde das so ziemlich erfolgreichste Independent-Game mit 40 Millionen registrierten Nutzern. In der 3D-Blöcke-Landschaft Bauwerke und Strukturen schaffen aus simpelstem Grundmaterial, das gilt für Millionen als Kult. 

Denn das ist der Inhalt: In einer Blocklandschaft Material abbauen und daraus Bauwerke schaffen. Die Landschaft erkunden und verändern, computergenerierte oder von anderen errichtete Strukturen besuchen. (Gut, nachts kommen die Monster raus, aber wo tun sie das nicht.)

Und jetzt wandert die Bautätigkeit und das Planen von Strukturen in die physische Welt. Denn das Minecraft-Unternehmen Mojang startet zusammen mit dem United Nations Human Settlements Programme (UN-Habitat) das Projekt Block by Block. Jugendliche sollen damit in städtischen Gebieten ihre Ideen, ihre Konzepte zur Umgestaltung ihrer Viertel, zur Städteplanung einbringen. Los geht es in Nairobi. Ein Screenshot der Builder-Gruppe FyreUK zeigt, in welche Richtung Block by Block gedacht ist:



Der Undugu-Playground von FyreUK.


Oben der aktuelle Zustand, unten der Entwurf der Minecraft-Architekten. Damit wird ein Spiel zum Entwurf- und Kommunikationswerkzeug in der Städteentwicklung. Ein Werkzeug, das den (jugendlichen) Anwohnern eine Möglichkeit gibt, ihre Ideen und Konzepte zu präsentieren, in Dialog mit Planern und Entscheidern zu treten. Ohne komplexe Papiere, Zeichnungen, riesiges Formularchaos oder komplexe Software bis hin zu CAD. Sondern durch eine virtuelle visuelle Repräsentation, die schnell verständlich und im Spiel begehbar ist. In Schweden haben Mojang und Svensk Byggtjänst schon gute Erfahrungen mit dem Vorgänger-Programm My Blocks gesammelt.

Jetzt tritt Mojang drei Jahre als Hauptfinanzier in der UN-Habitat-Kooperation auf. Städteentwicklung und Städteplanung als kooperativer Prozess, in den sich Anwohner simpel einbringen können. Mit eigenen Entwürfen, nicht durch Wortmeldungen in unsäglich langen Bürgerversammlungen zu bereits beschlossenen Vorschlägen. Das alles über ein Computerspiel.

(Wer keine Vorstellung von Minecraft hat: So sieht es aus:)


Freitag, 7. September 2012

Apple-Auguren, der Tag der Abrechnung naht

Da ist nun also die Bestätigung für den Termin, der schon allen klar war und auf den trotzdem viele gewartet haben. Für den 12. September lädt Apple zum iPhone-Event ein, das seinen Schatten schon eine Weile vorauswirft. Es wird ein Tag der Abrechnung. Nicht mit Google, Samsung und den anderen Android-Herstellern.

Mit den Apple-Auguren. Den Heerscharen von angeblich so gut informierten Tech-Schreibern, die uns seit Monaten mit allen möglichen Erwartungen, Gerüchten, Features beschießen. Jetzt, bis zum 12., wird der Hype-Zyklus nochmal richtig aufdrehen. Klickwiesen mit Mockups zu allen tollen neuen Features inklusive.



Display, Prozessor, Gehäuse, Innenleben, Features... Und das alles potenziert. Denn neben dem logischen iPhone 5 wird so viel an weiteren Geräten herfabuliert, dass Tim Cook da eine Woche oben stehen müsste. iPad Mini, am besten noch ein weiteres neues iPad, Apple-Fernseher, neue Macs, neue iPods, warum nicht auch noch ein iCar und ne neue Religion. 

Sonntag, 26. August 2012

Apple vs. Samsung: Die Fanboy-Kriege gehen in die nächste Runde


Mit dem US-Urteil im Patenprozess zwischen Apple und Samsung endet die Saga der Mobile-Kriege nicht. Es beginnt nur eine weitere Episode. Und ein kleines Intro dürfte verdeutlichen, dass es noch einen spannenden Sub-Plot neben den wirtschaftlichen Auswirkungen gibt:





Denn das ist das Interessante neben der Erörterung, was aus dem Urteil folgen könnte: Die harschen Reaktionen von Samsung- und Android-Freunden auf die Entscheidung der Geschworenen führen gut vor Augen, dass auch Samsung Fanboys hat. Und sie sind in ihrer Haltung ähnlich unverbrüchlich loyal, in ihren Urteilen ähnlich absolut wie die von Apple.

Da wird ein Urteil in San Jose (eines in einer solchen Lawine weltweiter Prozesse, das selbst am gleichen Gericht noch ein weiteres Verfahren anhängig ist) zum Untergang des Abendlandes, dem Sieg des bösen Imperiums über die Innovation, wahlweise gleich zum Sieg des Turbokapitalismus und der Geldschneider über echte Erfinder. Selbst Godwins Gesetz findet sich mit Hitler- und Nazivergleichen für Apple flugs umgesetzt.

Die Menschen, die sich so in Rage reden, sind nicht nur Entwickler, Marktbegleiter oder sonstwie beruflich mit dem Feld verknüpft. Das sind User, Kunden.

Samsung hat also nicht nur bei den Geräten abgekupfert – sie haben (mit Googles Hilfe) auch die Apple-Fanboys geklont. Und die Klonarmeen gehen lautstark aufeinander los.

Freitag, 24. August 2012

Disney Researchs Revel: Augmented Reality für den Tastsinn

Schon immer gefragt, wie sich eine virtuelle Textur so anfühlt? Disney Research arbeitet daran, Antworten zu liefern. Mit Augmented Reality für den Tastsinn - ohne VR-Handschuhe oder ähnlichen Schnickschnack.

Wenn wir von Augmented Reality, also der Erweiterung der Realität durch virtuelle Elemente, reden, denken wir meist nur an visuelle Erweiterungen. Überblendungen in Smartphone-Displays oder Brillen etwa. Menschen nehmen die Wirklichkeit (besser gesagt: unser Konstrukt davon) aber noch über einige andere Sinne wahr. Einer davon: Der Tastsinn, der sich dank des Siegeszugs der Touch-Displays ohnehin großer Beachtung bei Interface-Entwicklern erfreut. 

Ein Team von Disney Research entwickelt mit Revel nun eine Technologie, um Alltagsgegenstände mit überschaubarem Aufwand so auszustatten, dass für Menschen virtuelle Oberflächenstrukturen fühlbar werden, wenn sie sie berühren. AR für den Tastsinn. Taktiles Feedback aus dem Rechner.

 Mit Revel fühlt der Nutzer die virtuelle Oberflächentextur am Objekt. Bild: Disney Research.

Das Konzept dahiner ist reverse electrovibration (daher Revel), also umgekehrte Elektrovibration. Bevor ihr jetzt in mentale Horrorvorstellungen abdriftet: Bei Elektrovibration geht es um eine Wirkung elektrostatischer Felder. Wenn auf einem leitenden Objekt eine schwache, oszillierende Spannung liegt und ein geerdeter Nutzer dieses Objekt berührt und darüber streicht, dann spürt er Reibung. Bewegt sich der Finger nicht, spürt der Anwender auch nichts. Die Modulation der Spannung führt dabei zu unterschiedlichen Reibungseffekten, fühlt sich also nach unterschiedlichen Oberflächen an. Eine sinusförmige Wechselspannung etwa sieht nicht nur im Oszilloskop wie eine abgerundete Wellenkurve aus, sie fühlt sich auch abgerundeter an. (Detaillierter erklärt im Revel-Paper.)

Montag, 20. August 2012

Netzespresso: Rache ist Pink Oder Virtueller Vandalismus hat Folgen

Von wegen virtueller Vandalismus hat keine Folgen: Auch die Präsenzen in Sozialen Netzwerken sind ja für viele eine Art Zuhause, in denen sie sich einrichten. "Ich lebe online" und so, Facebook als Wohnzimmer. Da ist es nachvollziehbar, dass man sauer wird, wenn Einbrecher dieses virtuelle Zuhause verwüsten.

So geschehen in Amstelveen, als der kleine Bruder eines Niederländers dessen Facebook-Profil gekapert und wüst umgestaltet hat. Das geschädigte Bruderherz hat daraufhin einen Racheplan ersonnen, der in die Annalen der Vergeltungsschläge zwischen Geschwistern eingehen dürfte: Wenn du mein virtuelles Zuhause umdekorierst, mach' ich das mit deinem Zimmer. Zimmer-Hack statt Profil-Hack - und Rache ist Pink. So findet der 15-Jährige sein Zimmer umgestaltet in einen klischeehaften rosa Mädchentraum:




Dieser Clip demonstriert nicht nur eindrucksvoll die kreative Energie, die sich in geschwisterlichen Racheaktionen entfalten kann - der Aufwand und die Liebe zum Detail sind schließlich beeindruckend. Er zeigt auch, dass virtueller Vandalismus durchaus unangenehme Folgen haben kann. (Gute Werbung für den beruflich videofilmenden Bruder ist es natürlich zudem.)

(Zur Klarstellung: Es geht nicht darum, dass rosa Mädchenzimmer per se ganz furchtbar wären - es geht darum, dass sie für einen 15-jährigen Jungen so ziemlich die Höchststrafe darstellen.)

Vielleicht wäre das auch das richtige Strafmodell für andere Vandalen: Statt bei der Debatte über sich via Facebook zusammenrottenden Partycrashern sinnfreie Dinge wie eine Haftung für Facebook zu fordern, warum nicht in diese Richtung denken:

Wer anderen ungebeten die Feier ruiniert, wird nicht einfach mit finanziellen Forderungen (die ohnehin nicht eintreibbar sind) konfrontiert. Stattdessen hetzt man ihnen die mobilen Wohnraumkommandos des deutschen Privatfernsehens auf den Hals. (Einsatz in 4 Wänden und wie sie alle heißen.) Profil gehackt, Website verunstaltet, Party gecrasht? Schon kommen Tine Wittler & Co. zur Strafumdekoration vorgefahren.



Freitag, 17. August 2012

Die galoppierende Zwangs-Sozialisierung des Webs geht mir auf den Keks Oder Ich will Socken nicht teilen

In seinem Science-Fiction Roman Ubik hat Philip K. Dick eine Welt beschrieben, in der man für so ziemlich alles zahlt: Damit die eigene Wohnungstür sich öffnet, die Dusche anspringt, der Kühlschrank aufgeht. Alles kostenpflichtig, was die Geräte ihrem Besitzer auch mitteilen. Microypayment und Sprachsteuerung in einem Buch aus dem Jahr 1969.

"He therefore vigorously strode to the apt door, turned the knob and pulled on the release bolt. The door refused to open. It said, 'Five cents, please.'"

Würde er es heute schreiben, die Wohnungstür wollte wohl nicht fünf Cent, um sich zu öffnen. Sondern einen Share auf Facebook und fünf Likes.

 "Joe Chip hat seine Tür geöffnet." – G.G. Ashwood und vier anderen gefällt das.

"In deinem Freundeskreis ist doch noch Platz für uns." Bild: Marvin Siefke / Pixelio.de

Denn die Sozialisierung des Webs greift immer weiter um sich. Egal, ob man Konzertkarten kauft oder Socken, Videos ansieht oder Nachrichten liest, überall poppen Facebook Connect und dessen Vettern auf: "Teil das doch mit deinen Freunden!" "Poste doch dieses Produkt!"

Von E-Commerce über Portale zu Medienauftritten und Apps: Jeder will unseren Freunden vorgestellt werden, egal um welches Produkt oder welchen Dienst es geht. Die Social-Connect-Integration ist die Digitaluhr unserer Zeit. So wie in den 80ern und 90ern einfach überall eine Digitaluhr eingebaut wurde, ist es jetzt Facebook Connect.

Und das fängt an zu nerven. Gewaltig.

Dienstag, 14. August 2012

Social Media trifft Rocket Science - Die NASA, Curiosity und die Punktlandung im Netz

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA konnte letzte Woche gleich zwei Erfolge feiern. Der eine war die erfolgreiche Landung des Mars-Rovers Curiosity. Der andere war die Resonanz, die die NASA im Netz durch ihre Kommunikation hervorgerufen hat. So viel Interesse, Goodwill, auch Begeisterung wurde der Weltraumbehörde schon lang nicht mehr entgegen gebracht.

Bild: NASA/ Bill Ingalls

Der Enthusiasmus, den die Mondlandung einst verursachte, hat über die Jahre und Jahrzehnte, insbesondere durch Katastrophen wie das Challenger- und das Columbia-Unglück, deutlich abgenommen. Die letzten großen Schlagzeilen machten die endgültig letzten Flüge der Space Shuttles Discovery und Enterprise – huckepack auf Flugzeugen zu ihren Ruheorten in Museen. In Teilen noch der Tod von Astronautin Sally Ride, der ersten Amerikanerin im Weltraum.

Die NASA schien im Auge der Öffentlichkeit aus der Zeit gefallen, unterwegs mit veraltetem Gerät. Eine alte, zu teure Behörde, deren Budgets zusammengestrichen werden und deren Astronauten per Anhalter in den Orbit fliegen müssen.

Und jetzt? Verfolgten Menschen rund um den Globus live per Videostream aus dem Kontrollraum des Jet Propulsion Laboratory, wie das Team die Landung von Curiosity erlebte. Schickten auf Twitter und Facebook Status-Updates zum Landeprozess. Feierten mit den Blauhemden, als klar war, dass die 7 Minuten Terror der Landung heil überstanden waren.

Mittwoch, 8. August 2012

Shitstorms sind überbewertet. Schluss mit dem Hype!

Aktuell erlebt Social Media stürmische Zeiten, es herrscht ein Auf und Ab. Während sich die Facebook-Aktie und mit ihr die Hoffnungen der Börsianer im Sturzflug befindet, hat ein anderes Thema Hochkonjunktur: Shitstorms. 

Ein Phänomen, das seit einigen Monaten eine üble Inflation und gerade einen richtigen Hype erlebt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich ist es höchste Zeit, dass die Shitstorm-Blase platzt.

(Hiermit entschuldige ich mich bei Lesern mit ausgeprägtem visuellen Vorstellungsvermögen.)

Denn Shitstorms sind überbewertet.

McDonald’s, Vodafone, Galileo, H&M, der kleine Kiosk um die Ecke – halb Corporate Facebook sieht sich einer Masse erzürnter User gegenüber, die auf dem besten Weg ist, das Sommerloch als Jauchegrube zu füllen. Könnte man meinen. 

Bild: Fritz Zühlke / pixelio.de

Und Unternehmen überkommt die blanke (und vor allem sehr deutsche) Angst: Da haben sie sich schon in Social Media hineingewagt (quasi die neue Modellreihe von diesem Internet) und dann haben die Kunden auf einmal nicht nur eine Stimme, sondern benutzen diese auch noch, um sich zu beschweren. Und das, wo die Unternehmen doch so lang und hart an dem Bild arbeiten mussten, dass sie nur glückliche Kühe Kunden haben.

Shitstorms entwickeln sich zum Angstgegner der Unternehmen in Social Media. Doch Angst ist eine gewisse Irrationalität immanent. Wie groß und böse ist der Bogeyman des Social Web nun also wirklich?

Sonntag, 5. August 2012

Netzespresso: Die 7 Minuten Terror des Marsrovers Curiosity Oder ihr denkt, euer Montag wäre übel?

Bevor jetzt mit Blick auf den nahenden Wochenbeginn das Gejammer losgeht, wie schlimm Montage wären, wer die überhaupt erfunden hat und wie es euch schon davor graust: Wenn ihr nicht gerade mit 1000 Meilen pro Stunde auf die Marsoberfläche zurast und ein völlig halsbrecherisches Landemanöver vor euch habt, dann ist euer Wochenstart verglichen mit dem des Marsrovers Curiosity und dessen NASA-Ingenieuren schlicht Pillepalle.

Denn so beginnt für Curiosity und die NASA die Woche: Mit einem Landemanöver, das selbst die Weltraumbehörde offiziell mit der Bezeichnung 7 Minutes of Terror versehen hat:


Das lustige dabei: Dieser Clip, der aussieht wie von einem ambitionierten Nachwuchs-Michael-Bay gemacht (obwohl die Explosionen fehlen) übertreibt kein Stück. Ein kleiner Fehler in dieser Prozedur und zwei Jahre Arbeit sowie 2,5 Milliarden Dollar sind futsch. Und diese von Wired hilfreich zusammengestellte Liste verdeutlicht, dass Mars-Missionen eher schief gehen als klappen. Wer sich die 7 Minuten noch mal in Ruhe ansehen will: Das muss währenddessen alles passieren.

Freitag, 3. August 2012

Netzespresso: Die Sinnkrise des leeren OlympicSeat als Social-Media-Benchmark

Irgendwie bekommt man langsam den Eindruck, die ganze Welt geht auf Twitter. Mit Ausnahme solch gallischer Dörfer wie Deutschland, versteht sich. Hier sind's ja gerade mal sieben Prozent der Internetnutzer. Dafür tummeln sich inwischen Hunde, Katzen und jetzt auch ein leerer Stuhl auf Twitter - der OlympicSeat beklagt dort seine tiefe Sinnkrise, weil er sich so leer fühlt. Schöner satirischer Kommentar über die haufenweise leer bleibenden Sitzplätze bei den Olympischen Spielen in London.

Der leere Stuhl auf Twitter.
Der leere Stuhl teilt seine existentielle Krise inzwischen mit mehr als 20000 Followern. Das ist für runde 20 Tweets durchaus beachtlich, auch für eine Satire-Idee, die sich problemlos in 140 Zeichen erklären lässt.

Gleichzeitig stellt das irgendwie auch einen schönen Benchmark für den Nächsten dar, der sich mit halbgaren Metriken über seine tollen Social-Media-Erfolge freut.

Ich seh es direkt vor mir:
"Wir haben 10000 Follower auf Twitter!" - "Ein leerer Sitz hat doppelt so viele."

Man mag einwenden, dass das kein sinniger Vergleichswert ist, kein Benchmark, um Erfolge zu messen. Das aber sind oberflächliche Metriken als Erfolgszahlen auch nicht - die Zahl der Fans oder Follower stellt kein hinreichendes Kriterium dar.

Daher hätte es für mich durchaus Charme, Leute, die mir mit sinnlosen Benchmarks kommen, meinerseits in leeren Stühlen zu messen.

Für Klickzahlen-Jünger haben wir dank AdAge ja bereits als Benchmark die Click-Through Rate von komplett aus Weißraum bestehenden Anzeigen, Video Views für Clips, die Farbe beim Trocknen zeigen, gibt es auch. 

In dieser Reihe kann ein leerer Stuhl doch gut noch Platz nehmen.

Dienstag, 31. Juli 2012

Olympia und die Unsportlichkeiten von NBC oder "Unser Publikum ist zu blöd für einen Livestream"

Willkommen zu den digitalen Spielen: So viel Online wie jetzt zu London 2012 war bei Olympia noch nie – allein während der Eröffnungsfeier zählte Twitter 9,66 Millionen Tweets.  Und ARD und ZDF sind ganz vorne dabei, wenn es um den trimedialen Wettkampf und das Online-Streaming der Spiele geht – wie Kollegin Lena Herrmann lobend feststellt.

Interessanterweise schlagen sich die alten Damen ARD und ZDF (wie auch ihre britische Cousine, die BBC) dabei weit besser als der US-Sender NBC. Denn während hierzulande im Wesentlichen der VPRT über ARD und ZDF grummelt, hielt sich #NBCfail übers Wochenende hartnäckig als Trending Topic bei Twitter.

Mir ist bewusst, dass ich mit einem Text zu NBCfail eher spät dran bin, das passt zum Thema aber irgendwie ganz gut. Denn losgetreten hat den Netz-Ärger über die Olympia-Berichterstattung NBCs Festhalten an der zeitverschobenen Ausstrahlung von Aufzeichnungen. Die Eröffnungszeremonie etwa gab es erst Stunden später im TV, als Livestream war sie nicht mal im Netz zu sehen. Und die jetzt live gestreamten Sportarten setzen ein kostenpflichtiges Kabelpaket voraus. NBCs Fokus liegt auf den Stunden später in der TV-Prime-Time ausgestrahlten Sahnestücken, also den Sportarten mit guten amerikanischen Medaillenchancen. Die darf sich das Fernsehpublikum dann mit stundenlanger Zeitverzögerung als Abendprogramm ansehen. 

Das ZDF dagegen war bei der Eröffnungsfeier mit parallelem Livestream in der Mediathek vorbildlich multimedial. Die Mainzer demonstrierten sogar eindrucksvoll die Vorteile des Digitalabrufs - im Livestream konnte man sich als Zuschauer den Kommentar von Wolf-Dieter Poschmann samt flankierender "Experten" ersparen. Selten hat Web-TV so klar gepunktet. (Nochmals danke für den Mediathek-Hinweis an @KathrinM.)

Dienstag, 24. Juli 2012

Social TV mal anders - Wie Show-Produzenten und Sender das Netz einsetzen können

Wenn es um das Zusammenspiel von TV und Web oder generell um die Weiterentwicklung des Fernsehens geht, ist ein aktuell viel gebrauchtes Schlagwort Social TV. Meist geht es dabei dann darum, wie sich die ohnehin stattfindenden Gespräche der Zuschauer auf Twitter und Facebook bündeln und einhegen lassen, wie Programm-Check-Ins & Co. zur Fanbindung und Steigerung der Loyalität eingesetzt werden können.

Das ist alles interessant, ich will jetzt aber in eine etwas andere Richtung denken. Weg vom Einhegen, hin zum multimedialen Storytelling und der Kommunikation. Und ich rede hier jetzt nicht über die anderen Möglichkeiten, die Webshows bieten, sondern darüber, wie Produzenten und Sender bei klassischen TV-Programmen diese Plattformen einsetzen.

Quelle: AMC

Es geht darum, wie normales TV das Netz einsetzen kann, um offener und interaktiver zu sein, Geschichten anders erzählen zu können. Erläutern werde ich es an einer Reihe von Beispielen. Und es dürfte nicht überraschen, dass die fast ausschließlich aus dem US-Bereich stammen.

Mittwoch, 18. Juli 2012

YouTube-Serie H+: Bryan Singer zeigt die Welt am Abgrund - und die Zukunft des TV

Am 8. August beginnt der von Produzent Bryan Singer (Dr. House, X-Men) inszenierte Weltuntergang. Da feiert seine neue Serie H+ Premiere. Und zeigt neben einer Welt am Abgrund auch eine mögliche Zukunft des TV. Denn H+ The Digital Series wurde für Googles Videoportal YouTube produziert und läuft auch exklusiv dort.

Zu Beginn sehen wir eine Welt, in der sich Menschen via Implantat mit dem Internet verbinden können. Kein Smartphone, keine AR-Brillen, sondern die direkte Verknüpfung mit dem Netz, bedient durch Augenbewegungen und Gesten. Diese schöne neue Interface-Welt hält indes nicht lang - denn das H+-Netzwerk fängt sich einen Virus ein. Und die Implantats-Version des Bluescreens of Death löscht mal eben ein Drittel der Menschheit aus.

H+ als Serie widmet sich dieser apokalyptischen Welt, der Frage, wie die Überlebenden klar kommen und was oder wer hinter der Katastrophe steckt. Im Trailer sieht das beeindruckend, bedrückend und nachhaltig spannend aus:



Singer, der bislang nicht zu den üblichen Verdächtigen bei Web-Serien gehörte (Tschuldigung, flacher Witz), folgt damit einem Trend: dem Produzieren exklusiver Inhalte für das Netz statt für TV-Sender.