Seit dem 5.8. wogt nun durchs Netz und den Spiegel-Blog die Debatte um die Zukunft der Zeitung, verhashtagt mit Tag 2020 und verschlagwortet mit Zeitungsdebatte. Inzwischen erreicht sie zunehmend ein Metastadium: Es wird mehr über die Debatte diskutiert als über ihre Inhalte. (Das ist im Übrigen in gewisser Weise typisch für dieses Thema und einer der Gründe, warum wir uns im Kreis drehen.)
Das begann schon früh, mit Thomas Knüwer, der harsch kritisierte, dass der Spiegel die Napoleon-Geschichte, nicht Schnibbens Debatten-Auftaktartikel "Breaking News" aufs Cover hob.
Hier sollten wir uns allerdings einer unbequemen Frage stellen: Hatte die Redaktion des Spiegel nicht sogar recht bei dieser Entscheidung? In dem Sinne, dass sich ein größerer Teil der Spiegel-Leser für ein so drängend aktuelles Thema wie Napoleon und die Völkerschlacht 1813 interessiert als für eine Debatte zur Zukunft der Zeitung?
Blicken wir kurz auf die Aktivität auf SpOn zur Zeitungsdebatte, die eher Nebeneinander von Standpunkten als Debatte ist:
Unter Schnibbens "Elf Vorschläge für bessere Zeitungen" finden sich 98 Kommentare, unter seinem Text "Brauchen wir noch Tageszeitungen, und wenn ja, welche?" sind es 174. Das Forum zur Zeitungsdebatte bringt es auf 130 Beiträge. Und die einzelnen Gastkommentare? Gutjahr erreicht noch die meisten Social Shares, der Facebook-Zähler seines Texts steht auf 1200. Selbst wenn wir davon ausgingen, dass das alles überschneidungsfrei ausfällt - die Welt ist das nicht.
Kleiner Vergleich: Sascha Lobos SpOn-Kolumne Die Mensch-Maschine erreichte mit dem letzten Beitrag zur Methode Pofalla, einer Analyse "politischer Verschleierungstaktik", 240 Kommentare und 2700 Facebook-Shares.
Und dabei handelt es sich beim besten Willen nicht um ein buntes, boulevardeskes, "gut gehendes" Thema.
Anders gesagt: Es ist nicht gerade so, dass halb Deutschland bei Spiegel Online über die Zukunft der Zeitung diskutiert. Man könnte die Prognose wagen, dass es tatsächlich mehr Menschen gibt, die sich für Napoleon als Template moderner Diktatoren interessieren.
Freilich sind Kommentare, Shares und ähnliches nur grobe Heuristiken für das den Texten entgegengebrachte Interesse. Nichtsdestotrotz interessiert das Thema uns in den Medien und angrenzenden Feldern mehr als den Mainstream. Es handelt sich hier nicht um eine allgemeine, breit geführte Debatte. Sie ist so breiter und sichtbarer als sonst. Das ist aber auch alles. Vor einer Weile habe ich (ja, im Rahmen von Texten zur Zukunft der Medien, ich geb's zu) schon mal auf die PEW-Studie The State of the News Media 2013 verwiesen und darauf, dass dort 60% der befragten US-Amerikaner gar nicht wirklich mitgekriegt hatten, dass ihre News-Medien finanziell zu kämpfen haben. Und das in den USA, wo weitaus mehr Zeitungen dichtgemacht haben als hierzulande.
Wie damals schon formuliert: Ich bin mir nicht sicher, ob das bei einer Befragung in Deutschland so viel anders aussähe. Und zwischen "Ich habe es mitbekommen" und "Es kümmert mich" liegt auch noch ein bedeutender inhaltlicher Unterschied.
Man kann auch hier Napoleon bemühen: Viele stehen auf ihrem Feldherrnhügel, folgen der gleichen Schlachtlinie wie sonst auch oder schieben mit gewisser Frustration nachdenklich die Hand in die Weste, weil die Onkels vom Spiegel sie nicht eingeladen haben, mitzuspielen.
Sascha Lobo hat - als Teil der Metadebatte - die Debattenbeiträge der einzelnen Autoren auf deren jeweils eigene Perspektive zurückgeführt, die keiner verlassen mag. Er schreibt dazu:
Man muss seine Kritik nicht in vollem Umfang teilen - natürlich beschreibt jeder Gastautor seine Haltung zu dem Thema, es ist nur konsequent, dass sie das sagen, was sie sonst auch zu dem Thema sagen. Und dass ein Gutteil auch lebt, was er sagt, spricht eigentlich mehr für als gegen sie.
Womit Lobo aber recht hat: Das ist keine Debatte. Das ist ein Nebeneinander von Standpunkten. Selbst der Begriff "Austausch" wäre überzogen, denn er würde implizieren, dass man die Beiträge der anderen ernsthaft zur Kenntnis nimmt.
Das ist eines der Leiden bei diesem Themenfeld: Wir reden meist aneinander vorbei, nicht wirklich miteinander. Vielleicht übereinander, um sich darüber auszulassen, was für einen Unsinn X oder Y erzählt - oder dass das alles nicht neu ist.
(Nun muss man denjenigen, die nicht im Medienfeld arbeiten, noch dazu sagen: "Das hab ich alles schon mal gehört" oder "das ist alles nicht neu" verstehen sich, gerade im Umfeld des Nachrichtenjournalismus, als beißende Kritik, als ins Gesicht geschlagener Fehdehandschuh. Ein in die Jahre gekommenes Mem bemühend, ließe sich das auch übersetzen als "jaja, deine Mudda".)
Das bringt uns inhaltlich aber keinen Zentimeter weiter. Und das weckt auch kein breiteres Interesse, es sei denn, es artet zum Schaukampf aus.
Das Gute am Vorgehen des Spiegels ist, dass er die verschiedenen Standpunkte über einen längeren Zeitraum hinweg verhältnismäßig prominent zugänglich macht. Da geht es weniger darum, ob das für diejenigen neu ist, die sich mit dem Thema ohnehin beschäftigen als darum, die bekannten Thesen neuen Lesern vorzustellen. Auch wenn das nicht die wirklich große Breite darstellt.
Denn für den Erfolg neuer Konzepte, für die Zukunft von Zeitungs- und anderen Medienmarken ist es notwendig, auch die potenziellen Leser einzubeziehen, ihre Meinungen und Vorstellungen zu erfahren. Ihnen sauber darzulegen, was sie von Medien haben. Und was sie dafür bekommen, wenn sie zahlen. An Inhalten, an Mehrwert, an gesellschaftlicher Funktion. Das würde zu den journalistischen Kernaufgaben gehören - zu vermitteln, für wen und warum es Bedeutung hat. Diese Aufgabe gilt deutlich über die konkrete Spiegel-Diskussion hinaus. Die wird das ohnehin nur begrenzt leisten und leisten können.
Nichtsdestotrotz stellt das kein beileibe kein zwingendes Titelthema dar. Da artet das Ganze wieder zu der Art von (gern auch morbider) Nabelschau aus, zu der Medien tendieren. Wir sind aber nicht der Nabel der Welt.
Es geht zum einen auch darum, diese zu prüfen. Denn einer der Gründe, warum vieles von dem, was in Diskussionen zu diesem Thema schon gehört haben, trotzdem noch aktuell ist, ist schlicht: Es wurde immer noch nicht in der Praxis erprobt. Thesen stellen aber, allgemein gesagt, zu beweisende Behauptungen dar.
Es geht darum, mehr zu experimentieren, mehr zu wagen. Und entsprechende Experimente anderer dann nicht mit der üblich hämischen Borniertheit zu kommentieren, sondern aufgeschlossen zu verfolgen. Was ich damit meine: Auf jeden, der tatsächlich mal ein Konzept umsetzt, geht danach ein Heer von Geiern nieder, die sofort im Brustton tiefster Überzeugung erklären, dass das nicht funktionieren wird. Immer wird den anderen ihr Waterloo prophezeit.
Gerne von der Art kleiner Kaiser, die es sich auf ihrem Hügel gemütlich gemacht hat und andere von oben herab kommentiert, während im Spiegel die eigene Garderobe bewundert wird. Den kritischen Blicken des Publikums wird diese dann allerdings nicht ausgesetzt. Soll heißen: Beweisbar bessere Ideen haben sie meist auch nicht.
Zum anderen kann der Verdienst dieser Debatte sein, dass das Thema durch ihre zeitliche Länge präsenter wird. Was auch dazu führt, dass sich manche äußern, die das sonst nicht tun. Holger Schmidt etwa zählt nicht zu denen, die zu dem Thema immer etwas (und meist das gleiche) zu sagen haben. Jetzt liefert eine der fundiertesten Zusammenfassungen.
So können weitere Impulse kommen, auch im Nebeneinander der Beiträge, auch jenseits von Spiegel Online. Vielleicht haben die üblichen Verdächtigen nichts Neues zu sagen. Aber andere. Zudem geht es gar nicht darum, dass es zu wenige Ideen oder Konzepte gäbe. Die Schubladen der Medienhäuser müssen überquellen vor Konzeptpapieren. Woran es krankt, ist ihre Umsetzung. Wir werden die Lösung aber nicht ohne Experimente finden. Und experimentieren sollte man tunlichst, so lange man es sich noch leisten kann, falsch zu liegen.
Es ist nicht überraschend, dass die Debatte auf SpOn nicht überraschend ist. Die Leistung des Spiegel könnte eher darin bestehen, das Thema über einen längeren Zeitpunkt sichtbar zu halten und alles zu sammeln.
Dennoch, ja: Für bekannte Haltungen und Ideen brauchen wir in der Medienbranche diese allgemeine Debatte nicht. Sie wird unser Problem nicht lösen. Das erwartet aber auch niemand ernsthaft. Die allgemeinen Standpunkte sind ausgetauscht, daran ändert sich nichts, wenn wir das noch drei, vier oder fünf Mal tun. Nun geht es darum, den Beweis zu führen. Zeitungsmarken, Medienmarken, Textjournalismus haben keine Zukunft? Das gilt es zu widerlegen. Indem mehr von den Ideen, die da sind, die eben nicht neu, aber ungetestet sind, umgesetzt werden. Dann wird sich zeigen, wer keine Kleider hat.
(Ja, ich weiß, das hier ist auch irgendwie ein erklärender Meta-Beitrag. Was soll ich sagen, Berufskrankheit.)
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Das begann schon früh, mit Thomas Knüwer, der harsch kritisierte, dass der Spiegel die Napoleon-Geschichte, nicht Schnibbens Debatten-Auftaktartikel "Breaking News" aufs Cover hob.
Hier sollten wir uns allerdings einer unbequemen Frage stellen: Hatte die Redaktion des Spiegel nicht sogar recht bei dieser Entscheidung? In dem Sinne, dass sich ein größerer Teil der Spiegel-Leser für ein so drängend aktuelles Thema wie Napoleon und die Völkerschlacht 1813 interessiert als für eine Debatte zur Zukunft der Zeitung?
Bild: Templermeister / pixelio.de |
Blicken wir kurz auf die Aktivität auf SpOn zur Zeitungsdebatte, die eher Nebeneinander von Standpunkten als Debatte ist:
Unter Schnibbens "Elf Vorschläge für bessere Zeitungen" finden sich 98 Kommentare, unter seinem Text "Brauchen wir noch Tageszeitungen, und wenn ja, welche?" sind es 174. Das Forum zur Zeitungsdebatte bringt es auf 130 Beiträge. Und die einzelnen Gastkommentare? Gutjahr erreicht noch die meisten Social Shares, der Facebook-Zähler seines Texts steht auf 1200. Selbst wenn wir davon ausgingen, dass das alles überschneidungsfrei ausfällt - die Welt ist das nicht.
Kleiner Vergleich: Sascha Lobos SpOn-Kolumne Die Mensch-Maschine erreichte mit dem letzten Beitrag zur Methode Pofalla, einer Analyse "politischer Verschleierungstaktik", 240 Kommentare und 2700 Facebook-Shares.
Und dabei handelt es sich beim besten Willen nicht um ein buntes, boulevardeskes, "gut gehendes" Thema.
Anders gesagt: Es ist nicht gerade so, dass halb Deutschland bei Spiegel Online über die Zukunft der Zeitung diskutiert. Man könnte die Prognose wagen, dass es tatsächlich mehr Menschen gibt, die sich für Napoleon als Template moderner Diktatoren interessieren.
Freilich sind Kommentare, Shares und ähnliches nur grobe Heuristiken für das den Texten entgegengebrachte Interesse. Nichtsdestotrotz interessiert das Thema uns in den Medien und angrenzenden Feldern mehr als den Mainstream. Es handelt sich hier nicht um eine allgemeine, breit geführte Debatte. Sie ist so breiter und sichtbarer als sonst. Das ist aber auch alles. Vor einer Weile habe ich (ja, im Rahmen von Texten zur Zukunft der Medien, ich geb's zu) schon mal auf die PEW-Studie The State of the News Media 2013 verwiesen und darauf, dass dort 60% der befragten US-Amerikaner gar nicht wirklich mitgekriegt hatten, dass ihre News-Medien finanziell zu kämpfen haben. Und das in den USA, wo weitaus mehr Zeitungen dichtgemacht haben als hierzulande.
Wie damals schon formuliert: Ich bin mir nicht sicher, ob das bei einer Befragung in Deutschland so viel anders aussähe. Und zwischen "Ich habe es mitbekommen" und "Es kümmert mich" liegt auch noch ein bedeutender inhaltlicher Unterschied.
Jeder auf seinem Feldherrenhügel
Dieses auf bestimmte Gruppen begrenzte Interesse gehört ebenfalls zum Muster von Diskussionen zu diesem Thema und ihm verwandten Debatten. Und das liegt auch an der Art, wie wir sie führen.Man kann auch hier Napoleon bemühen: Viele stehen auf ihrem Feldherrnhügel, folgen der gleichen Schlachtlinie wie sonst auch oder schieben mit gewisser Frustration nachdenklich die Hand in die Weste, weil die Onkels vom Spiegel sie nicht eingeladen haben, mitzuspielen.
Sascha Lobo hat - als Teil der Metadebatte - die Debattenbeiträge der einzelnen Autoren auf deren jeweils eigene Perspektive zurückgeführt, die keiner verlassen mag. Er schreibt dazu:
"Die Debattanten arbeiten konsequent nach den Prinzipien, die sie als richtig erkannt haben. Und lassen die Welt nun an ihren für sie erfolgversprechenden Erkenntnissen teilhaben. Die ebenso vorhandene Kehrseite aber ist größer, schwerer, unangenehmer: Die deutsche Mediendebatte krankt daran, dass ihre Teilnehmer unfähig oder unwillig sind, die eigene Perspektive zu verlassen."Dass er das als Gastbeitrag in Stefan Niggemeiers Blog äußert, unter der Überschrift "Zeitungskrise? Die Lösung bin ich!", weist auch schon wieder mindestens eine Metaebene auf.
Man muss seine Kritik nicht in vollem Umfang teilen - natürlich beschreibt jeder Gastautor seine Haltung zu dem Thema, es ist nur konsequent, dass sie das sagen, was sie sonst auch zu dem Thema sagen. Und dass ein Gutteil auch lebt, was er sagt, spricht eigentlich mehr für als gegen sie.
Womit Lobo aber recht hat: Das ist keine Debatte. Das ist ein Nebeneinander von Standpunkten. Selbst der Begriff "Austausch" wäre überzogen, denn er würde implizieren, dass man die Beiträge der anderen ernsthaft zur Kenntnis nimmt.
Das ist eines der Leiden bei diesem Themenfeld: Wir reden meist aneinander vorbei, nicht wirklich miteinander. Vielleicht übereinander, um sich darüber auszulassen, was für einen Unsinn X oder Y erzählt - oder dass das alles nicht neu ist.
(Nun muss man denjenigen, die nicht im Medienfeld arbeiten, noch dazu sagen: "Das hab ich alles schon mal gehört" oder "das ist alles nicht neu" verstehen sich, gerade im Umfeld des Nachrichtenjournalismus, als beißende Kritik, als ins Gesicht geschlagener Fehdehandschuh. Ein in die Jahre gekommenes Mem bemühend, ließe sich das auch übersetzen als "jaja, deine Mudda".)
Das bringt uns inhaltlich aber keinen Zentimeter weiter. Und das weckt auch kein breiteres Interesse, es sei denn, es artet zum Schaukampf aus.
Das Gute am Vorgehen des Spiegels ist, dass er die verschiedenen Standpunkte über einen längeren Zeitraum hinweg verhältnismäßig prominent zugänglich macht. Da geht es weniger darum, ob das für diejenigen neu ist, die sich mit dem Thema ohnehin beschäftigen als darum, die bekannten Thesen neuen Lesern vorzustellen. Auch wenn das nicht die wirklich große Breite darstellt.
Denn für den Erfolg neuer Konzepte, für die Zukunft von Zeitungs- und anderen Medienmarken ist es notwendig, auch die potenziellen Leser einzubeziehen, ihre Meinungen und Vorstellungen zu erfahren. Ihnen sauber darzulegen, was sie von Medien haben. Und was sie dafür bekommen, wenn sie zahlen. An Inhalten, an Mehrwert, an gesellschaftlicher Funktion. Das würde zu den journalistischen Kernaufgaben gehören - zu vermitteln, für wen und warum es Bedeutung hat. Diese Aufgabe gilt deutlich über die konkrete Spiegel-Diskussion hinaus. Die wird das ohnehin nur begrenzt leisten und leisten können.
Nichtsdestotrotz stellt das kein beileibe kein zwingendes Titelthema dar. Da artet das Ganze wieder zu der Art von (gern auch morbider) Nabelschau aus, zu der Medien tendieren. Wir sind aber nicht der Nabel der Welt.
Debatten, Beweisführung und Gewinn
Gut, das ist die Napoleon-Geschichte auch nicht. Trotzdem: Wenn wir diese Debatte mit Gewinn führen wollen, dann ist es wichtig, dass nicht nur die üblichen Verdächtigen von ihren Feldherrenhügeln herab ihren jeweiligen Standpunkt verkünden.Es geht zum einen auch darum, diese zu prüfen. Denn einer der Gründe, warum vieles von dem, was in Diskussionen zu diesem Thema schon gehört haben, trotzdem noch aktuell ist, ist schlicht: Es wurde immer noch nicht in der Praxis erprobt. Thesen stellen aber, allgemein gesagt, zu beweisende Behauptungen dar.
Es geht darum, mehr zu experimentieren, mehr zu wagen. Und entsprechende Experimente anderer dann nicht mit der üblich hämischen Borniertheit zu kommentieren, sondern aufgeschlossen zu verfolgen. Was ich damit meine: Auf jeden, der tatsächlich mal ein Konzept umsetzt, geht danach ein Heer von Geiern nieder, die sofort im Brustton tiefster Überzeugung erklären, dass das nicht funktionieren wird. Immer wird den anderen ihr Waterloo prophezeit.
Gerne von der Art kleiner Kaiser, die es sich auf ihrem Hügel gemütlich gemacht hat und andere von oben herab kommentiert, während im Spiegel die eigene Garderobe bewundert wird. Den kritischen Blicken des Publikums wird diese dann allerdings nicht ausgesetzt. Soll heißen: Beweisbar bessere Ideen haben sie meist auch nicht.
Zum anderen kann der Verdienst dieser Debatte sein, dass das Thema durch ihre zeitliche Länge präsenter wird. Was auch dazu führt, dass sich manche äußern, die das sonst nicht tun. Holger Schmidt etwa zählt nicht zu denen, die zu dem Thema immer etwas (und meist das gleiche) zu sagen haben. Jetzt liefert eine der fundiertesten Zusammenfassungen.
So können weitere Impulse kommen, auch im Nebeneinander der Beiträge, auch jenseits von Spiegel Online. Vielleicht haben die üblichen Verdächtigen nichts Neues zu sagen. Aber andere. Zudem geht es gar nicht darum, dass es zu wenige Ideen oder Konzepte gäbe. Die Schubladen der Medienhäuser müssen überquellen vor Konzeptpapieren. Woran es krankt, ist ihre Umsetzung. Wir werden die Lösung aber nicht ohne Experimente finden. Und experimentieren sollte man tunlichst, so lange man es sich noch leisten kann, falsch zu liegen.
Es ist nicht überraschend, dass die Debatte auf SpOn nicht überraschend ist. Die Leistung des Spiegel könnte eher darin bestehen, das Thema über einen längeren Zeitpunkt sichtbar zu halten und alles zu sammeln.
Dennoch, ja: Für bekannte Haltungen und Ideen brauchen wir in der Medienbranche diese allgemeine Debatte nicht. Sie wird unser Problem nicht lösen. Das erwartet aber auch niemand ernsthaft. Die allgemeinen Standpunkte sind ausgetauscht, daran ändert sich nichts, wenn wir das noch drei, vier oder fünf Mal tun. Nun geht es darum, den Beweis zu führen. Zeitungsmarken, Medienmarken, Textjournalismus haben keine Zukunft? Das gilt es zu widerlegen. Indem mehr von den Ideen, die da sind, die eben nicht neu, aber ungetestet sind, umgesetzt werden. Dann wird sich zeigen, wer keine Kleider hat.
(Ja, ich weiß, das hier ist auch irgendwie ein erklärender Meta-Beitrag. Was soll ich sagen, Berufskrankheit.)
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